Analysten-Kolumne

IT zwischen Offshore und "Inhouse"

30.08.2006
Von Steffen Böhm

Wertschöpfungstiefe variiert nach Branche und Land

Capgemini hat mit über 160 CIOs europäischer Unternehmen in Einzelgesprächen über die geplanten Änderungen der nächsten Jahre diskutiert (siehe Capgemini: European CIO Survey 2006 - Views on future IT delivery). Zunächst - wenig überraschend - zeigt sich ein deutlicher Einfluss des Sektors auf die IT-Wertschöpfungstiefe. So ist die eigene IT-Wertschöpfung in der Finanzdienstleistungsbranche mit 70 Prozent nach wie vor sehr hoch, während sie in der Telekommunikation mit 30 Prozent deutlich geringer liegt. Branchenübergreifend wird nach Planung der befragten Unternehmen der Anteil der eigenen Wertschöpfung von derzeit 63 Prozent innerhalb von zwei Jahren auf 51 Prozent des IT-Budgets sinken.

Auch das Stammland eines Unternehmens hat einen großen Einfluss. So liegen Großbritannien und Irland beim OutsourcingOutsourcing in Off- und Nearshore-Gebiete auch aufgrund der niedrigeren sprachlichen Barriere mit derzeit 15 Prozent des IT-Budgets vorne. Das deutschsprachige Europa folgt mit sechs Prozent knapp vor Skandinavien. Alles zu Outsourcing auf CIO.de

Die befragten Unternehmen gaben an, diesen Anteil in den nächsten zwei Jahren verdoppeln zu wollen. Mit deutlichem Rückstand nutzen Frankreich und Spanien die internationalen Unterschiede in den Faktorkosten. Insbesondere in Deutschland und Österreich ergibt sich hierbei mit Osteuropa versus Indien eine Diskussion, die in anderen Ländern nicht mit vergleichbarer Intensität geführt wird. Beispielsweise ist in Großbritannien und Irland Indien als Offshoring-Standort weitgehend gesetzt. In Frankreich hingegen sind trotz geografischer Nähe Marokko oder Algerien als Nearshore-Produktionsstandorte für IT-Leistungen kein Thema.

Internationale Konzerne am auslagerungsfreudigsten

Überlagert werden die Einflussfaktoren Branche und Stammland auf den Bezug von IT-Leistungen jedoch von der Internationalität des Kerngeschäfts. Global tätige Unternehmen, die im weltweiten Wettbewerb stehen, haben sich in den letzten Jahren deutlich stärker transformiert als eher national agierende Unternehmen gleicher Größe.

Diese Tendenz gilt über Sektor- und Landesgrenzen hinweg und mit der Konsequenz, dass national tätige Großunternehmen deutlich weniger Leistungen aus Near- oder Offshore-Gebieten beziehen. Letztere geben etwa zwei Prozent ihrer IT-Budgets für Leistungen aus Niedriglohnländern aus, verglichen mit zwölf Prozent bei global tätigen Unternehmen. Daraus resultiert eine schlechtere IT-Kostensituation als in internationalen Großunternehmen, die häufig sogar eigene Offshore-Zentren etabliert haben ("captive offshoring").

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