2017

Job-Boom, Bau und privater Konsum bleiben Wachstumstreiber

30.09.2016
Einst war es vor allem die Exportindustrie - inzwischen bringen zunehmend deutsche Verbraucher die Konjunktur auf Touren. Auch 2017 dürften sie das Wachstum stark stützen. Mit allzu großer Dynamik rechnen Ökonomen im kommenden Jahr allerdings nicht.

Sie rechnen nicht gerade mit einem Wirtschaftsboom, aber auch von Krisenstimmung kann keine Rede sein - für 2017 gehen die Wirtschaftsweisen eher von einem moderaten Wachstum, einem "Kaugummi-Aufschwung" aus, wie sie bei der Vorlage ihrer Gemeinschaftsdiagnose am Donnerstag in Berlin formulierten. Um 1,4 Prozent wird nach ihrer Einschätzung die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr wachsen - nach voraussichtlich 1,9 Prozent in diesem Jahr.

Dabei muss sich die deutsche Wirtschaft nach Analyse der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute wohl vor allem ihrer eigenen Stärke besinnen, um im kommenden Jahr einem Null-Wachstum zu entgehen. Zu groß seien noch immer die weltwirtschaftlichen Risiken, um starke Impulse von dem einst zentralen Wachstumstreiber, den Exporten, zu bekommen, machen die Ökonomen in ihrer Prognose klar.

Ob Wirtschaftsprobleme in China, der angekündigte Brexit, die Konflikte im Nahen Osten oder die Bankenkrise in Italien und Portugal - "noch immer dominieren Abwärtsrisiken in der Weltkonjunktur", beschreiben die Konjunkturexperten den Status Quo. Zwar dürfte sich die Weltkonjunktur 2017 etwas bessern und damit auch die deutschen Exporte wieder zunehmen. Dennoch bleibe eine Sorge: Dass der Brexit-Virus mit den vielerorts verbreiteten Globalisierungsängsten auf andere Länder überspringen und sich dort ausbreiten könnte.

Und wenn ein Land unter den Folgen von Globalisierungsängsten leiden würde, dann wäre das wohl Deutschland: "Schließlich schöpft Deutschland wie kein anderes Land Wohlstand aus der Integration in die Weltwirtschaft", wie es die Wirtschaftsweisen in ihrer Prognose formulieren. Als Exportweltmeister war die Bundesrepublik schon immer auf offene Märkte für seine Autos, Maschinen und Hightech-Produkte angewiesen.

Die deutsche Wirtschaft bleibe daher weiter auf binnenwirtschaftliche Wachstumstreiber angewiesen: Den robusten Arbeitsmarkt und den privaten Verbrauch, auch wenn es inzwischen Anzeichen für eine leichte Eintrübung des Konsumklimas gibt. Die Wirtschaftsweise bleiben dennoch für 2017 optimistisch: Die Löhne und Gehälter werden weiter wachsen, wenn auch langsamer, die Renten deutlich zulegen. Und die Sparneigung der Deutschen dürfte nach Erwartungen des Markforschers GfK weiter gering sein.

So rechnen die Fachleute für das kommende Jahr mit 1,3 Prozent mehr Ausgaben der Verbraucher im Vergleich zu 2016. Im übernächsten Jahr dürften es weitere 1,3 Prozent sein. Noch stärker veranschlagen die Fachleute den Konjunkturschub der Bauindustrie: Nach ihrer Prognose dürften die Bauinvestitionen im kommenden Jahr um 1,9 Prozent steigen, 2018 sogar um 2,8 Prozent - dank niedriger Hypothekenzinsen, die dazu führten, dass viele Bundesbürger ihr Erspartes lieber in "Betongold" investierten als es auf schlecht verzinste Konten zu legen.

Verlass ist nach den Expertenprognosen wohl auch weiter auf den deutschen Arbeitsmarkt. Auch wenn die Zahl der arbeitslosen Flüchtlinge Monat für Monat um 10 000 bis 15 000 wächst - von einer Jobkrise auf dem Arbeitsmarkt dürfte nach verbreiteter Experteneinschätzung auch 2017 keine Rede sein. Erstaunlich ist allerdings die Bandbreite der Prognose - ein Hinweis darauf, mit wie vielen Unwägbarkeiten der Blick in die nahe Arbeitsmarkt-Zukunft derzeit behaftet ist.

Während etwa das zur Bundesagentur gehörende Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen im Jahresdurchschnitt 2017 um 70 000 auf 2,62 Millionen ausgeht, erwarten die Wirtschaftsforschungsinstitute sogar einen leichten Anstieg - und zwar um 4000. Volkswirte deutscher Großbanken sehen die weitere Entwicklung ungleich skeptischer: Sie gehen von einer Zunahme der Arbeitslosenzahlen von 30 000, einige sogar von bis zu 150 000 im kommenden Jahr aus - auch wegen wachsenden Zahl arbeitsloser Flüchtlinge. (dpa/ad)

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