Infor, Microsoft, Oracle und SAP

Kampf der ERP-Titanen

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

So implementieren und nutzen die Anwender ihr ERP-System

Wenig geändert hat sich in den vergangenen Jahren die Art und Weise, wie Anwenderunternehmen ihr ERP-System implementieren. Wie schon in den früheren Umfragen bevorzugt gut die Hälfte der Befragten ein Phasenmodell bei der Einführung einer neuen ERP-Software. Ein knappes Drittel bevorzugt die Big-Bang-Methode und der Rest fährt eine hybride Einführungsstrategie.

Bewegung kommt dagegen in den Aspekt, wie stark die Anwender ihr ERP-System kundenspezifisch anpassen. Gerade SAP-Systeme standen in der Vergangenheit in dem Ruf, in aller Regel stark modifiziert zu sein und damit mit schuld zu sein an der von vielen Anwenderunternehmen laut und oft beklagten Komplexität von IT-Infrastrukturen. Doch das scheint sich zu ändern. Sprachen vor zwei Jahren noch rund 45 Prozent der SAP-Anwender von einem signifikanten (40 Prozent) beziehungsweise extremen (fünf Prozent), lag deren Anteil in der aktuellen Umfrage bei null Prozent. Der Anteil der Anwender, die ihr SAP-System gar nicht angepasst haben, erhöhte sich von etwa 15 auf 31 Prozent.

Im Oracle-Umfeld waren es allerdings etwas weniger Anwender, die ganz auf die Anpassung ihrer ERP-Software verzichten konnten. Deren Anteil sank von etwa 13 auf sieben Prozent. Die meisten Oracle-Nutzer sprachen von wenig (27 Prozent) beziehungsweise etwas (53 Prozent) Customizing. Die Größe dieser Gruppe hat sich damit im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage etwa verdoppelt. Geschrumpft ist dagegen der Anteil der Oracle-Anwender, die von einem starken beziehungswiese extremen Customising sprachen. Waren das vor zwei Jahren noch vier von zehn Befragten, ordneten sich aktuell nur noch 13 Prozent hier ein.

Während das Customizing unter den SAP- und Oracle-Kunden weniger wird, steigt es im Dynamics-Umfeld. Kein Microsoft-Kunde gab aktuell an, ohne Anpassungen auszukommen. Vor zwei Jahren war es immerhin noch jeder zehnte. Am anderen Ende der Skala sank zwar der Anteil der Anwender mit signifikantem Customizing von einem Drittel auf elf Prozent. Allerdings erhöhte sich gleichzeitig der Anteil der Nutzer mit extrem angepassten Dynamics-Systemen von null auf 22 Prozent.

Mit wenig Customizing kommen allem Anschein nach die Infor-Kunden aus. Fast ein Drittel bewältigt seinen ERP-Betrieb ganz ohne Anpassungen. Vier von zehn Infor-Anwendern sprachen von einem geringen Customizing-Grad. 13 Prozent gaben an, ihre ERP-Software signifikant angepasst zu haben. Insgesamt scheinen die Appelle der Softwareanbieter zu fruchten. Gerade SAP hatte in den zurückliegenden Jahren seinen Kunden immer wieder ans Herz gelegt, zunächst die Standardsoftware genau daraufhin abzuklopfen, ob sich die benötigten Funktionen dort finden, bevor aufwendige Customizing-Projekte angestoßen würden.

Dass es im Zuge einer ERP-Implementierung zu einer Unterbrechung im Systembetrieb kommt, gehört für die meisten Anwender zur Normalität: 71 Prozent der Dynamics-Nutzer, 60 Prozent der Oracle-Anwender und 57 Prozent der SAP-Kunden wissen davon ein Lied zu singen. Doch während im SAP-Umfeld weniger Unternehmen eine Unterbrechung im Zusammenhang mit der ERP-Einführung zu beklagen hatten, als noch vor zwei Jahren waren es bei Oracle und Microsoft etwas mehr. Am wenigsten sind Infor-Nutzer (47 Prozent) betroffen.

Die Länge der Unterbrechung variiert. Immerhin ein Viertel der SAP-Kunden muss zwischen drei und sechs Monaten warten, bis das neue ERP-System reibungslos läuft. Das ist in dieser Zeitkategorie der höchste Wert. Dynamics-Implementierungen dauern in der Regel ein bis zwei Monate (43 Prozent) und am schnellsten mit zwei bis vier Wochen funktioniert allem Anschein nach die Einführung von Oracle-Software (30 Prozent).

In Sachen Cloud-Nutzung konnte SAP im Vergleich zur Umfrage 2014 etwas zulegen. Der Anteil der Cloud-ERP-Nutzer stieg von knapp 20 auf knapp 30 Prozent und schloss damit zu den Cloud-Anteilen im Oracle und Dynamics-Umfeld auf, die bei jeweils 29 Prozent lagen. Interessanterweise stagnierten die Cloud-Anteile bei den Microsoft- und Oracle-Lösungen im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage. Infor weist aktuell mit 24 Prozent den geringsten Cloud-Nutzungsgrad unter den vier untersuchten Systemen auf.

Allerdings erreichen alle Infor-Cloud-Kunden Kosteneinsparungen in einer Größenordnung von 40 Prozent und mehr im Vergleich zum herkömmlichen ERP-Einsatz. Bei allen anderen Anbieter liegt dieser Anteil deutlich niedriger: SAP und Microsoft schaffen jeweils 20 Prozent, Oracle 17 Prozent. Rund vier von fünf Anwendern von Microsoft-, Oracle- und SAP-Cloud-Lösungen erreicht einen Kostenvorteil niedriger als 40 Prozent. Verbessert hat sich an dieser Stelle die Situation im Microsoft-Umfeld.

Vor zwei gaben alle Dynamics-kunden an, sie kämen maximal auf einen Kostenvorteil von 40 Prozent. Verschlechtert hat sich dagegen Oracle. Hier hatten vor zwei Jahren noch vier von zehn Anwendern erklärt, einen Kostenvorteil höher als 40 Prozent mit der Cloud-Lösung zu realisieren. SAP hat sich hier mit einem leichten Anstieg dieses Anteils von 17 auf 20 Prozent etwas verbessert.

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