Viele Fragen

Kartellamtsverfahren gegen Facebook eingeleitet

02.03.2016
Datenschützern ist Facebook schon länger ein Dorn im Auge. Nun geht auch das Bundeskartellamt gegen das Soziale Netzwerk vor. In einem am Mittwoch eröffneten Verfahren geht es ebenfalls um die Frage, ob der Internet-Konzern gegen deutsches Datenschutzrecht verstößt.

Worum geht es der Kartellbehörde?

Die Behörde geht in dem Verfahren zwei Fragen nach: Ob FacebookFacebook tatsächlich mit seinen Vertragsbestimmungen gegen geltende nationale Datenschutzregeln verstößt und gleichzeitig, ob das Netzwerk damit eine möglicherweise marktbeherrschende Stellung ausnutzt. Für einen Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen allein wären die Wettbewerbshüter nicht zuständig. Wenn Facebook jedoch die für den Nutzer undurchsichtigen Vertragsklauseln mit Hilfe seiner Marktmacht durchsetzt, könnte ein Wettbewerbsverstoß vorliegen. Alles zu Facebook auf CIO.de

Wo sieht das Kartellamt das Problem?

Das Kapital von Facebook sind Daten der Nutzer, die für Werbezwecke verwendet werden. Wer das Netzwerk nutzt, willigt in die Verarbeitung von Daten ein. Der Umfang der Einwilligung sei für die Nutzer nur schwer nachvollziehbar, erklärt die Behörde. Wenn Facebook auf diese Weise außergewöhnliche Geschäftsbedingungen durchsetze, könne das eine "kartellrechtswidrige Ausbeutung der Kunden" sein, sagt auch Kai Neuhaus, Rechtsexperte bei CMS Hasche Sigle in Brüssel. "Das große Problem bei solchen Verfahren ist allerdings, nachzuweisen, dass die Geschäftsbedingungen unangemessen sind", sagt Martin Gramsch, Kartellrechtler im Düsseldorfer Büro der Kanzlei Simmons & Simmons.

Was soll genau untersucht werden?

In erster Linie wird angeprangert, dass Nutzer nicht genug informiert werden. "Der Anfangsverdacht liegt eher auf der Seite der Aufklärung und der Datengewinnung als bei der Frage, wie und für was die Daten verwendet werden", sagt Kartellamts-Sprecher Kay Weidner. Diese Punkte seien aber letztlich miteinander verbunden. "Für ein solches Verfahren reicht schon ein Anfangsverdacht. Da ist die Hürde nicht besonders hoch", sagt Kartellrechtler Gramsch.

Das Kartellamt ist doch aber für Wettbewerb und nicht für Datenschutz zuständig?

Ja, kartellrechtlich wäre der Tatbestand erst relevant, wenn Facebook ein sogenannter Konditionenmissbrauch gegenüber seinen Nutzern nachgewiesen werden kann, da die Daten der Nutzer quasi das Kapital der werbefinanzierten Plattform darstellen. Dafür müsste geklärt werden, ob Facebook seine Nutzer durch seine Marktmacht unangemessen nötigt, den Vertragsklauseln zuzustimmen. "Für marktbeherrschende Unternehmen gibt es Sonderregeln. Sie dürfen keine unangemessenen Preise und Geschäftsbedingungen verlangen. Das ist das Einfallstor für die Kartellbehörde", sagt Gramsch.

Welche Konkurrenz hat Facebook denn?

Als soziales Netzwerk hat sich Facebook mit seinen rund 1,6 Milliarden Nutzern inzwischen weltweit durchgesetzt. Konkurrenten wie Wer-Kennt-Wen, StudiVZ oder der Pionier MySpace haben inzwischen ihren Betrieb eingestellt. Als Portal dürfte sich Facebook jedoch in Konkurrenz zu Plattformen wie Youtube oder Twitter sehen.

Wie definiert das Bundeskartellamt also den Markt, um den es geht?

Es soll noch geklärt werden, ob man nur den engen Markt der ähnlichen Dienste betrachtet - oder auch andere Anbieter wie Twitter einbezieht. "Wenn man das kartellrechtlich und gerichtsfest zu Papier bringen möchte, dann ist es in der Tat so, dass man definieren muss, was ist der relevante Markt", sagt Kartellamts-Sprecher Weidner. Dabei könne auch eine Beherrschung des größeren Marktes festgestellt werden. "Es gibt bislang allenfalls eine Erhebung nach Nutzerzahlen, wobei viele Nutzer auch parallel bei mehreren Netzwerken aktiv sind."

Geht es um den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zum Schaden der Verbraucher oder der Wettbewerber?

Im Grunde kann es um beides gehen, betont Kartellamts-Sprecher Weidner. Das werde sich im Zuge des Verfahrens zeigen müssen.

Kann auch das Kartellamt einen Verstoß gegen deutsches Datenschutz-Recht feststellen?

Auch Sicht der Behörde: Ja. "Wir brauchen dafür kein gesondertes Urteil", betont der Kartellamts-Sprecher.

Welche Strafe ist am Ende möglich?

Da es um ein Verwaltungsverfahren geht, könnte das Kartellamt am Ende anordnen, dass das Unternehmen bestimmte Dinge anders handhaben müsse. Ein Bußgeld von immerhin bis zu zehn Prozent vom Jahresumsatz kann die Behörde dagegen in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren verhängen, das separat laufen müsste. (dpa/rs)

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