Strategien


IT-Manager wetten

Kein Kunde kauft mehr ohne IT ein

28.05.2015
Von Mark Michaelis

Auch in realen stationären Filialen ließe sich auf diesem Wege das bestehende, vor Ort befindliche Sortiment theoretisch unbegrenzt virtuell erweitern. Interessant ist dies gerade im Hinblick auf Produktvarianten, langsam drehende hochpreisige Artikel oder individuelle Kundenwünsche.

Eine stärker individualisierte Form zur Generierung von Kaufideen bieten "anonyme Kundenkarten". Hierbei wird die Idee des Online-Handels, aus dem Einkaufsverhalten der Kunden kundenindividuelle Angebote zu platzieren, in die stationäre Welt übernommen und weiterentwickelt. Im Gegensatz zum Internetgeschäft wird dem Kunden im stationären Handel Anonymität gewährleistet: Er erhält eine kostenlose Kundenkarte ohne Angabe seiner personenbezogenen Daten. Die Karte enthält ausschließlich eine eindeutige ID. Beim Betreten des Ladens (oder auch beim Besuch des Online-Shops) scannt der Kunde seine Karte und bekommt an einem Kiosksystem seine auf ihn

zugeschnittenen individuellen Angebote. Individuell heißt hierbei, dass das Angebot sowohl seitens der Artikel als auch des Preises auf sein persönliches Kaufverhalten abgestimmt ist - vollkommen anonym.

Wie wird dieses Angebot generiert? Um Rabatte zu erhalten, gibt der Kunde seine anonyme Kundenkarte beim Bezahlen ab. Es erfolgt eine Zuordnung zwischen seinem Warenkorb und seiner ID. Mit jedem weiteren Einkauf steigt das Wissen um den anonymen Kunden, und es können individuellere Angebote präsentiert werden. Kauft der wenig preissensible Kunde im hohen Preissegment, werden ihm qualitativ hochwertige Markenprodukte angeboten - mit höherer Marge für den Händler.

Umgekehrt lassen sich preissensible Kunden gezielt mit attraktiven Rabatten ansprechen. Für den Händler erhöht dieses Verfahren über attraktivere, präzisere Angebote die Kundenbindung, und gleichzeitig kann der Kunde mit neuen passenden Angeboten, außerhalb seines bisherigen Warenkorbes, zu dessen Vergrößerung angeregt werden - Kaufideen werden individuell generiert.

Betrachten wir stärker die prozessualen Abläufe, können künftig Kaufideen aufgrund von Prozessvorteilen entstehen. Beispielsweise können Mitbewohner eines Haushalts von verschiedenen Orten aus eine virtuelle Einkaufsliste für einen bestimmten stationären Händler erzeugen und diese online bezahlen. Der stationäre Händler kommissioniert die bezahlte Ware, und einer der Mitbewohner kann den gemeinsamen Einkauf mit einem kurzen Stopp auf dem Weg nach Hause abholen. Davon profitieren beide Seiten: Der Kunde bekommt einen zusätzlichen Service, er spart Zeit und vergisst in keinem Fall den Einkauf einzelner Artikel. Für den Händler wiederum reduzieren sich die Vorgänge rund um den Zahlungsprozess.

Gehen wir noch einen Schritt weiter und stellen uns vor, Artikel können, im Gegensatz zum heutigen Barcode, zukünftig über Funkwellen (etwa von RFID-Tags) identifiziert werden. Wie weit ist der Gedanke dann noch entfernt, dass der Kunde den Bestand der Speisekammer oder des Kühlschranks aus der Ferne ausliest und unter Berücksichtigung des Mindesthaltbarkeitsdatums ein virtueller Einkaufszettel oder ein passendes Rezept und somit die Kaufidee generiert wird? Alle Beispiele enthalten bereits IT-Interaktionen.

Kaufentscheidung

Nach einer ersten Kaufidee steht die Kaufentscheidung an. Im Rahmen dieser Kaufentscheidungen ist der Wunsch nach Verfügbarkeit von Informationen und Transparenz größer denn je. Die Kunden sind es aus dem Internet bereits gewohnt, zu jedem Zeitpunkt, an jedem Ort beliebige Informationen abzurufen. Hier wird der stationäre Handel in den kommenden Jahren im Hinblick auf eine stärkere Transparenz deutlich aufholen müssen. Die Herstellung dieser Transparenz mündet wiederum in IT-Interaktionen.

Erste einfache Beispiele aus dem stationären Handel sehen wir bereits im Mineralölbereich. Die Autofahrer können seit Ende 2013 via App die Preise von Tankstellen in ihrem Umfeld vergleichen - verordnet wurde dies durch die Markttransparenzstelle des Bundeskartellamts.

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