Strategien


IT-Manager wetten

Kein Kunde kauft mehr ohne IT ein

28.05.2015
Von Mark Michaelis

Der deutsche Handel war schon immer einer großen Preissensibilität seiner Kunden unterworfen. Erste Handelsunternehmen lernen von der völligen Preistransparenz aus dem Online-Handel und übernehmen diese in ihre eigene stationäre Handelsstrategie. Media-Saturn etwa ersetzt derzeit in einem flächendeckenden Test gedruckte Preisschilder durch elektronische. Diese wechseln, analog einem Preismast an der Tankstelle, ferngesteuert die Preise. Nach dem Vorbild von Amazon möchte Media-Saturn mehrmals täglich die Preise wechseln. Dies erlaubt dem Unternehmen eine flexiblere Preisgestaltung.

Es ist außerdem möglich, dem Kunden auf diesen elektronischen Preisschildern auch die Preise des Online-Handels und der Mitbewerber anzuzeigen - natürlich in Verbindung mit der eigenen Preisstrategie, die immer günstiger als der beste Mitbewerberpreis ist. Auch bei elektronischen Preisschildern ist der Kunde somit Teil einer einseitigen IT-Interaktion.

Kaufinformation

Neben dem Bereich der Preisinformation gewinnt auch die Produktinformation immer mehr an Bedeutung. Ein Beispiel aus dem Lebensmittelhandel ist die von der EU-Gesetzgebung forcierte Einführung einer neuen Lebensinformationsverordnung (LMIV) Ende 2014. Hier rücken zunehmend Informationen über Nährwerte, Gesundheit, Herkunft und Rückverfolgung in den Vordergrund. Auf Ver¬braucherseite steigt dieser Informationsbedarf zusätzlich durch Ereignisse wie den "Pferdefleischskandal". Da die Produktoberfläche begrenzt ist, wird der stationäre Handel zunehmend auf mobile Endgeräte des Kunden ausweichen (Extended Packing). Hier lassen sich mit einem Scan theoretisch unbegrenzt Produktinformationen darstellen.

Neben den Anzeigen von allgemeinen Angaben wie der Lebensmittelampel wird auch hier eine stärke Individualisierung der Informationen Einzug halten. Hinterlegt ein Kunde etwa in einer App Informationen zu seinen Allergien und Unverträglichkeiten, kann die App bei einem Produktscan prüfen, ob er gegen dieses Produkt allergisch ist. Auch die Artikelvergleichsfunktion, eine klassische Methode aus dem Online-Handel, wird mittelfristig in den stationären Handel übernommen und auf dem mobilen Gerät des Endkunden abgebildet werden.

Das Feld der Produktinformation reicht bereits heute in den Bereich von Augmented Reality (AR). Lego hat schon einen Großteil seiner Läden mit einem AR-Kiosk, der sogenannten Digital Box, ausgestattet. Der Kiosk ist mit einer Kamera ausgestattet, die den Kunden filmt und das Bild auf einem Display anzeigt. Halten die großen und kleinen Kunden eine Produktverpackung in der Hand, baut sich das Produkt virtuell auf der gefilmten Verpackung auf. Durch Drehen seiner Verpackung kann der Kunde sein Lego-Modell virtuell und animiert betrachten. Dies ist im wahrsten Sinne des Wortes sehenswert.

Auch hier ist zukünftig eine Verlagerung auf das mobile Endgerät des Kunden denkbar. Der Kunde startet in einem Supermarkt eine App, filmt ein Produkt und erhält auf seinem mobilen Endgerät ein animiertes Rezept und einen Serviervorschlag. Alternativ erscheint beispiels¬weise in einem schwedischen Möbelhaus beim Filmen der Verpackung die animierte Aufbauanleitung.

Neben diesen produktbezogen Informationen erweitert der Handel auch seine "Location Based Services". Das Thema "Indoor Navigation" ist bereits bei einigen stationären Handelsunternehmen über den Pilotstatus hinaus. Das Prinzip ähnelt allen bekannten technischen Navigationsverfahren. Aus mehreren empfangenen Signalen wird der Abstand zu den einzelnen Punkten berechnet und die Position bestimmt. Wählt der Kunde ein Produkt auf seinem Smartphone aus, führt ihn das System durch den Laden zum richtigen Regal.

Technisch basieren die heutigen Verfahren hierzu auf einem WLANWLAN mit einer größeren Zahl an Access Points oder einem Netz von sogenannten iBeacons. iBeacons sind kleine Funkleuchtfeuer mit geringer Reichweite, die beispielsweise über den kompletten Laden verteilt werden können. Sie verbrauchen wenig Energie, werden mit Batterie betrieben und senden ein Signal über BlueTooth Low Energie (BLE). Bereits heute unterstützen fast alle aktuellen Smartphones BLE. Im Gegensatz zu den klassischen Bluetooth-Verbindungen muss der Anwender nicht proaktiv eine Verbindung herstellen; der Verbindungsaufbau erfolgt automatisch etwa beim Start einer App. Alles zu WLAN auf CIO.de

Die iBeacon-Technologie ermöglicht darüber hinaus noch weitere Anwendungsfälle. Geht der Kunde an einem mit einem iBeacon ausgestatteten Produkt vorbei - etwa ein Auto in einem Autohaus -, werden ihm sämtliche Informationen über das Fahrzeug automatisch auf seinem Endgerät bereitgestellt. Die Technologie wird mittelfristig alle QR-Codes ersetzen, da in dem BLE-Signal beispielsweise auch eine Internetadresse enthalten sein kann.

Oder man stattet die herkömmlichen Einkaufswagen mit einem iBeacon aus und kann letztlich den Weg des Kunden im Laden verfolgen. Kritischer zu bewerten ist beispielsweise die Implementierung einer iBeacon-Protokollierung in einer Firmen-App. Bei jedem Eintreten des Kunden in einer Filiale empfängt die Smartphone-App das iBeacon-Leuchtfeuer und protokolliert dies. Die App schickt die Daten online an eine zentrale Datenbank. Hier wird festgehalten, wann wie oft und wo der Kunde in welcher Filiale war - in beiden Beispielen wird der Kunde unbemerkt Teil einer IT-Interaktion.

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