Keine Innovationen

Kommentar: Die neuen Smartphones langweilen

Moritz Jäger ist freier Autor und Journalist in München. Ihn faszinieren besonders die Themen IT-Sicherheit, Mobile und die aufstrebende Maker-Kultur rund um 3D-Druck und selbst basteln. Wenn er nicht gerade für Computerwoche, TecChannel, Heise oder ZDNet.com schreibt, findet man ihn wahlweise versunken in den Tiefen des Internets, in einem der Biergärten seiner Heimatstadt München, mit einem guten (e-)Buch in der Hand oder auf Reisen durch die Weltgeschichte.
Unserem Autor Moritz Jäger fehlt bei den neu gezeigten Smartphones und Tablets der Pfiff. Kein Wunder, denn für radikale Neuerungen muss die Smartphone-Branche von außen aufgerüttelt werden.
Unser Autor Moritz Jäger ist sich sicher: Das nächste große Ding wird von einer Firma kommen, die mit dem Bau von Handys wenig zu tun hat.
Unser Autor Moritz Jäger ist sich sicher: Das nächste große Ding wird von einer Firma kommen, die mit dem Bau von Handys wenig zu tun hat.
Foto: Moritz Jäger

Ganz ehrlich: Der mobile Markt langweilt. Dabei rede ich nicht von den Geräten, nein, die sind größtenteils schick, schnell und mit "Haben-Will-Faktor". Ich rede von der mobilen Entwicklung allgemein. Wenn ich mir die SmartphonesSmartphones und TabletsTablets anschaue, die auf der CES, dem MWC und der CeBIT gezeigt werden, dann lassen sie sich alle auf eine Formel herunterbrechen: Touchscreen und 1+x Tasten. Experimente, wie etwa eine echte Tastatur haben die meisten Hersteller aufgegeben - auch weil Käufer nun Mal nach dem iPhone oder etwas ähnlichem verlangen. Alles zu Smartphones auf CIO.de Alles zu Tablets auf CIO.de

Und das langweilt.

Aber, Herr Jäger, werden Sie jetzt denken: Was ist denn mit den ganzen tollen Programmen, Apps und neuen Funktionen? Diese sind nett, keine Frage, aber können Sie mir eine nennen, die den Markt wirklich umkrempelt? Siri ist ein gutes Beispiel: Als Zukunftstechnik bejubelt endete der Sprachassistent von AppleApple damit, dass er Futter für Bilderstrecken à la "Die witzigsten Siri-Antworten auf seltsame Fragen" liefert und vielleicht den Wecker für den Nutzer neu einstellt. Ähnlich geht es anderen so genannten Innovationen: Der Spiele- und Videostreaming-Dienst von HTC kam nie weiter als über eine Nische hinaus, Sony hat seine Playstation-Smartphones mehr oder weniger wieder in die Exotenecke bugsiert. Alles zu Apple auf CIO.de

Neuerungen beschränken sich auf Kleinigkeiten

Stattdessen beschränken sich Neuerungen auf Kleinigkeiten: Ein paar Gramm weniger hier, etwas bessere Auflösung oder eine erneuerte Kamera da - recht viel mehr geht scheinbar nicht. Dabei können die Hersteller der Smartphones wenig dafür, dann Innovationen in diesem Bereich kamen schon immer von außen. Glauben Sie nicht? Dann sehen Sie sich das letzte populäre Gerät an, das iPhoneiPhone - entwickelt von einem Konzern, der Computer und Software herstellt. Und es prägt seit mehr als sechs Jahren die komplette IndustrieIndustrie. Alles zu iPhone auf CIO.de Top-Firmen der Branche Industrie

Allerdings sehe ich Apple nicht unbedingt als Grundstein für das nächste große Ding: Der Konzern ist zu sehr zum Smartphone-Hersteller geworden, ähnlich wie Nokia, BlackberryBlackberry oder Siemens vor ihm, beschäftigt sich auch Apple meiner Meinung nach zu sehr mit Detailverbesserungen und Portfolio-Ausbau. Alles zu Blackberry auf CIO.de

Nein, ich bin mir sicher, das nächste große Ding wird von einer Firma kommen, die mit dem Bau von Handys wenig zu tun hat. Meine erste Wette wäre hier GoogleGoogle. Klar, die liefern bereits das Betriebssystem AndroidAndroid, aber den eigentlichen Bau von Geräten erledigen immer Partner. Alles zu Android auf CIO.de Alles zu Google auf CIO.de

Hoffen auf den Durchbruch von Google Glass

Ich persönlich hoffe auf den Durchbruch von Google Glass, der Brille mit virtuellem Anschluss. Ich bin es, ehrlich gesagt, knapp 25 Jahre nachdem das erste Smartphone mit dem Spiel "Snake" ausgeliefert wurde, leid, immer noch auf einen mehr oder weniger großen Bildschirm zu starren, wenn ich Daten ablesen oder eingeben will. Ich will, dass sich die Informationen direkt über mein Blickfeld legen und mir abhängig von meiner Position relevante Daten auf Wunsch direkt eingeblendet werden.

Ein anderes Thema, das dringend eines "iPhone-Effektes" bedarf ist die Eingabe. Nachdem wir Jahrzehntelang mit T9 und ähnlichen Dingen gequält wurden, sind wir aktuell bei der Eingabe dort angelangt, wo die PCs in den 70gern gestartet sind - einer Tastatur. Klar, dabei gibt es nette Sonderformen, und die Tastatur-Apps von SwiftKey oder Blackberry nehmen einiges an Arbeit ab - dennoch ist die Form an sich nicht gerade innovativ. Und in Kombination mit der Brille, wie ich sie mir wünsche, sowieso wieder unpraktisch. Wie wäre es etwa, als radikaler Gedanke, wenn mein Handrücken dank eines speziellen (ablösbaren) Tattoos zum Touchpad wird? Die Technik an sich steckt zumindest in den Kinderschuhen - allerdings entwickelt von Universitäten, nicht von Smartphone-Herstellern.

Von einem bin ich überzeugt: Innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre wird der Markt für mobile Kommunikationsgeräte wieder komplett umgekrempelt werden - von einem Außenseiter, den aktuell noch niemand auf dem Schirm hat.

Was denken Sie? Hat unser Autor recht und die Hersteller verrennen sich in Kleinigkeiten statt komplett neue Innovationen zu wagen? Oder sind Sie der Meinung, dass die Geräte so ausgereift sind, dass eben nur mehr wenig Neuerungen Sinn machen? Wir freuen uns auf Ihre Meinung.

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