Digitalisierung an der New Yorker Börse

Künstliche Intelligenz ersetzt Wall-Street-Analysten

Harald Weiss ist Fachjournalist in New York und Mitglied bei New York Reporters.

"Elektronisch generierte Finanz-Analysen sind kaum noch von den aufwendigen manuellen Analysten-Berichten zu unterscheiden", sagt Wiliam Trout, Senior Analyst bei der Investmentberatungs-Gesellschaft Celent. Diese Einschätzung teilen mit ihm viele Investmentbanken. Credit Suisse, T. Rowe Price, Fidelity Investments und American Century Investments verschicken solche Computer-generierten Firmen-Analysen bereits an ihre Kunden oder testen dieses derzeit aus.

In diesen automatisch generierten Analyseberichten wird der Ist-Zustand eines Unternehmens mit anderen Parametern verglichen und am Ende macht die Software sogar ganz konkrete Investitions-Empfehlungen - genauso, wie es bislang die hochdotierten Analysten getan haben. Credit Suisse konnte damit das Portfolio der betrachteten Unternehmen von 1.500 auf 5.000 steigern, ohne dass zusätzliches Personal eingestellt werden musste.

Skeptiker verweisen auf qualitative Nuancen

Doch trotz aller gegenwärtigen Fortschritte, sind viele Finanzexperten weiterhin skeptisch. "Beispielsweise können Computer die feinen Nuancen der CEO-Kommentare in einer Telefon-Konferenz nicht erkennen - doch gerade die sind extrem wichtig", meint Barry Hurewitz, COO beim Investmentarm der Schweizer UBS. Doch Trout glaubt nicht, dass das für das Überleben des Analystenberufes ausreicht. "Das Erkennen von feinen qualitativen Unterscheidungen durch Computer ist nur noch eine Frage der Zeit.

Alle bisherigen Digitalisierungen haben uns eindrucksvoll gezeigt wie schnell und tiefgreifend solche disruptiven Prozesse von statten gehen. Ich bin mir sehr sicher, dass die Zahl der Analysten schon bald auf einen kleinen Bruchteil der heutigen Werte zurückgehen wird", lautet seine dunkle Vorahnung.

Eine Untersuchung der Cornell University bestätigt seine Ansichten. Danach wird vor allem bei den großen Handelshäusern die Zahl der Analysten in den nächsten Jahren deutlich sinken. "Es gibt für Analysten keine gesicherten Arbeitsplätze mehr. Eine Chance hat nur noch, wer entweder besondere Qualifikationen vorweisen kann, die weit über das hinausgehen, was ein Computer leisten kann - oder wer über ganz spezielle Kunden-Beziehungen verfügt", sagt Professor Kenneth Merkley, der die Studie durchgeführt hat.

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