Fleißige Bienchen

Mehr Aufmerksamkeit den "normalen" Mitarbeitern

Hans-Peter Machwürth ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung Machwürth Team International (MTI Consultancy) in Visselhövede.
Führungskräfte befassen sich zu wenig mit den Mitarbeitern, die sich schlicht ihren Aufgaben widmen und diese gut und zuverlässig erledigen. Dabei bilden sie das Rückgrat des Unternehmens.

Im Betriebsalltag konzentriert sich die Auf­merksamkeit vieler Führungskräfte in der Regel auf die Low-Performer - also die Mit­arbeiter, deren Arbeitseinstellung und -verhal­ten nicht den Erwartungen entspricht, wes­halb man ihnen, salopp formuliert, regelmäßig auf die Füße treten muss.

Und auf die High-Performer - also die Mitar­beiter, die fachlich fit und hochmotiviert sind, neue Ideen entwerfen und selbständig Projekte umsetzen. Diese Mitarbeiter sind meist recht selbstbewusst und karriereorientiert. Außerdem fordern sie von ihren Führungskräf­ten Information und, wenn nötig, Unterstüt­zung ein.

"Fleißige Bienchen" werden wenig beachtet

Eher wenig Beachtung schenken die Führungs­kräfte hingegen meist den "grauen Mäusen", die kompetent und ausdauernd sowie ohne zu murren und große Forderungen zu stellen, ihre Arbeit verrichten. Sich mit diesen Mitarbeitern zu befassen, halten viele Führungskräfte für überflüssig. Sie funktionieren ja.

Diese "grauen Mäuse" oder besser: "fleißigen Bienen" zu vernachlässigen ist jedoch ein Feh­ler. Denn sie machen in der Regel mindestens zwei Drittel der Beschäftigten aus. Sie sind vielleicht nicht das Herz und Hirn, aber doch das Rückgrat jedes Unternehmens.

Die "fleißigen Bienchen" bilden das Rückgrat jedes Unternehmens und sollten nicht vernachlässigt werden.
Die "fleißigen Bienchen" bilden das Rückgrat jedes Unternehmens und sollten nicht vernachlässigt werden.
Foto: moxface - Fotolia.com

Diese Menschen leisten aufgrund ihrer Zahl und Zuverlässigkeit meist den größten Beitrag zur Wertschöpfung der OrganisationWertschöpfung der Organisation. Also soll­ten Führungskräfte diesen Mitarbeitern auch die verdiente Beachtung schenken - auch wenn es darum geht, die Leistung ihres Be­reichs zu steigern. Zu mehr Leistung sind die "fleißigen Bienen" in der Regel fähig und bereit - allerdings unter folgenden Voraussetzungen: Alles zu Personalführung auf CIO.de

  • Die Führungskraft nimmt die (Leistung der) "fleißigen Bienen" überhaupt wahr und zeigt Wertschätzung,

  • sie sucht den Dialog mit ihnen und

  • sie bringt realistische Erwartungen und For­derungen vor.

Überzogene Forderungen sind kontraproduktiv

Schwierig wird es, wenn Führungskräfte die "fleißigen Bienen" mit überzogenen Forderun­gen konfrontieren wie: "Im kommenden Jahr muss Ihr Output um 50 Prozent steigen." Ein solches Ansinnen wird als Affront erlebt. Nicht nur, weil die "fleißigen Bienen" es als Ausdruck mangelnder Wertschätzung ihrer bisherigen Arbeit erfahren, sondern auch, weil sie wissen: Wenn ich diese Vorgabe auch nur näherungs­weise erfüllen möchte, dann bedeutet das so viel Mehrarbeit, dass ich noch spät abends hier sitze, während mein Lebenspartner die Kinder ins Bett bringt.

Die "fleißigen Bienen" erleben einen so überzogenen Anspruch als mangelnde Rücksicht­nahme auf ihre persönlichen Interessen. Also beginnen sie (oft innerlich) zu rebellieren und zu opponieren. Das heißt, das Rückgrat der Organisation wird geschwächt.

Anders reagieren diese Mitarbeiter jedoch, wenn sich eine Führungskraft mit ihnen zu­sammensetzt und zum Beispiel sagt: "Herr Maier, Sie haben bisher von 100 Angeboten im Schnitt 27 in Aufträge umgewandelt. Eine gute Quote. Erachten Sie es unter gewissen Um­ständen für möglich, im Schnitt 30 von 100 Angeboten in Aufträge umzuwandeln?" Dann antwortet jede "fleißige Biene" ja.

Dasselbe gilt, wenn die Führungskraft sagt: "Frau Mül­ler, glauben Sie, es ist machbar, künftig in den Verhandlungen mit Kunden um ein Prozent hö­here Preise zu erzielen? Dadurch würde unsere Umsatzrendite von fünf auf sechs Prozent und unser Gewinn um 20 Prozent steigen." Auch hierauf antwortet jeder gute Mitarbeiter "unter gewissen Voraussetzungen ja".

Im Anschluss steht die Führungskraft vor der Herausforderung, mit dem Mitarbeiter zu klä­ren, was die "Voraussetzungen" sind. Das kön­nen die unterschiedlichsten Dinge sein. "Wenn ich besser im Verhandeln geschult wäre, ...", "Wenn ich mehr Entscheidungsspielräume hät­te, ..." "Wenn ich ...". Die Aufgabe der Führungskraft ist es dann, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Tut sie dies, kann sie sich auf die "fleißigen Bienen" verlassen - auch weil diese im Kontakt mit ih­rer Führungskraft die Erfahrung gesammelt haben:

  • Ich und meine Leistung werden wahrge­nommen und wertgeschätzt.

  • Mein Chef fordert nichts von mir, was unrealistisch ist. Und:

  • Er bietet mir die nötige Unterstützung.

Feedback der Mitarbeiter einholen

Ungeachtet dessen sollte die Führungskraft ständig am Ball bleiben - also regelmäßig die einzelnen Mitarbeiter fragen: "Wie läuft's? Schaf­fen Sie es?". Und wenn das Signal "Nein" oder "Ich weiß nicht" lautet? Dann sollte sie dem Mitarbeiter das Angebot unterbreiten: "Setzen wir uns doch einmal zusammen und ...". Das ist wichtig! Selbst wenn die vereinbarten Ziele re­alistisch sind, werden sie nicht erreicht, wenn der betreffende Mitarbeiter nicht zumindest teilweise sein Verhalten verändert. Das heißt, er muss punktuell seine "Komfortzone" verlas­sen. Das fällt vielen "fleißigen Bienen" schwer. Also benötigen sie eine angemessene Unter­stützung.

Hier liegt in der Regel das Problem. Spricht man mit Führungskräften darüber, dann erwi­dern sie meist: "Zu einem so intensiven Be­treuen so vieler Mitarbeiter fehlt mir die Zeit." Schließlich bilden die "fleißigen Bienen" die Mehrzahl der Mitarbeiter. Teilweise lässt sich dieses Problem lösen, indem man den Führungskräften vermittelt: Auch sie müssen mehr Selbstdisziplin im Arbeitsalltag zeigen. Noch immer delegieren viele Führungskräfte (anspruchsvolle) Fachaufgaben nicht konsequent genug. Die Folge: Das Tagesgeschäft frisst sie auf und Führungs­aufgaben bleiben liegen.

High-Performer stärker einbinden

Dabei gäbe es in ihrem Bereich meist Mitarbei­ter, an die sie diese Aufgaben delegieren könn­ten: die High-Performer. Hierdurch würden die Führungskräfte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Sie selbst würden entlastet, und den High-Performern, die sich herausfordernde Aufgaben wünschen, würde eine Chance gebo­ten, sich zu bewähren und noch stärker zu pro­filieren.

Auch das Betreuen und Anleiten der "fleißigen Bienen" könnten die Führungskräfte teilweise den High-Performern übertragen - zum Bei­spiel, indem sie gezielt aus einem High-Perfor­mer sowie zwei oder drei "fleißigen Bienen" ein Arbeitsteam bilden, das gemeinsam eine Herausforderung meistern soll. Zu selten nut­zen Führungskräfte diese Möglichkeit, die Mehrzahl der Mitarbeiter in Bewegung zu ver­setzen und die gewünschte Mehrleistung zu erzielen, die letztlich dazu führt, dass ihr Bereich im Unternehmen beziehungsweise ihr Unternehmen im Markt zu den Top-Perfor­mern zählt.

Zur Startseite