Tagesabläufe von 94 Chefs untersucht

Misserfolgsrisiko CEO

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Eine Governance-Studie der Harvard Business School zeigt verblüffende Zusammenhänge zwischen Zeiteinteilung der Chefs und Produktivität auf.

Einige Fragen an den CIO: Was macht eigentlich der CEO den lieben langen Tag? Bekommt man ihn oft selbst zu Gesicht oder hört von Kollegen Berichte über Meetings? Was also tut der Vorstandsvorsitzende so: fleißig zum Wohl der Firma rackern oder faulenzen? Und falls er viel macht: Tut er das tatsächlich zum Wohle des Unternehmens und seiner Mitarbeiter? Das mag sich jetzt nach einer Einladung zum Kantinenklatsch anhören, ist aber Gegenstand einer Untersuchung der renommierten Harvard Business School. Die Pointe daran: An den Antworten lässt sich tatsächlich ablesen, wie es um die Erfolgsaussichten eines Unternehmens bestellt ist.

Schaute italienischen CEOs in den Terminkalender: Forscherin Raffaella Sadun.
Schaute italienischen CEOs in den Terminkalender: Forscherin Raffaella Sadun.
Foto: Harvard Business School

Die Forscherinnen Oriana Bandiera, Luigi Guiso, Andrea Prat und Raffaella Sadun, letztere Assistenzprofessorin am Strategie-Lehrstuhl der Wirtschaftshochschule, haben den Tagesablauf von 94 CEOs großer italienischer Firmen detailliert unter die Lupe genommen. Zum einen können sie in ihrer Studie dadurch beantworten, wie die Chefs ihr Zeitbudget aufteilen – was zwar spannend, aber für sich genommen eher trivial ist. Zum anderen leiten sie daraus aber eine kleine Typologie ab und zeigen überraschende Zusammenhänge zur Produktivität und den Governance-Strukturen im Unternehmen auf.

Als erstes lässt sich feststellen, dass es - analog zur Gaußschen Normalverteilung – emsige und weniger umtriebige Top-Manager gibt. Ein Viertel der CEOs spult wöchentlich ein Pensum zwischen 35 und 40 Wochenstunden ab, jeweils ein Fünftel etwas mehr oder etwas weniger. Es finden sich aber auch Vorstände, die es mit nur etwa 20 Wochenstunden anscheinend gemächlich angehen lassen, und solche, die an der 60-Stunden-Marke kratzen. Der Fairness halber bleibt anzumerken, dass nur die Büroarbeitszeit gezählt wurde. In der auf den ersten Blick wenig engagierten wirkenden Gruppe können sich also durchaus Manager befinden, die jede Menge Arbeit nach Feierabend oder am Wochenende erledigen.

Relevant ist dies für die Forscher letztlich zur Gruppeneinteilung und als Referenzgröße für weitere Resultate, die den eigentlichen Clou der Studie bilden. Erstens geht es dabei darum, für welche Aktivitäten das Zeitbudget genutzt wird. Im Durchschnitt verbringen die CEOs 60 Prozent ihrer Arbeitszeit in Meetings, der Rest verteilt sich auf allein verbrachte Arbeitsstunden, Geschäftsessen, Telefonate und öffentliche Veranstaltungen.

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