Supply Chain Management

Noch Luft in der Lieferkette

Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.

Allerdings profitieren davon inzwischen nicht mehr allein die ausgewiesenen SCM-Spezialisten unter den Anbietern. Immer mehr Unternehmen vertrauen auf die SCM-Erweiterungen ihrer ERP-Lieferanten: "Die klassischen ERP-Anbieter, allen voran SAP, haben erheblich in den Ausbau ihrer SCM-Module investiert; mit ihrer breiten Installationsbasis und einfacherer Integration haben sie erhebliche Vorteile, analysiert Ball von Frost & Sullivan. Zudem sei Software aus einer Hand durchgängiger programmiert als die von I2 oder Manugistics. "Die SCM-Spezialisten standen vor dem Problem, dass sie komplette Suiten nur durch Zukauf oder Firmenübernahmen anbieten konnten, sodass die Software nicht immer bruchlos ist, urteilt Ball.

Von der Funktionstiefe allerdings erreichen die ERP-Anbieter meist nicht das Niveau der Spezialisten. "Aber das spielt in den meisten Fällen kaum eine Rolle, weil rund 80 Prozent der Anwender problemlos mit den Funktionen auskommen, die auch die SCM-Erweiterungen von ERP-Systemen bieten, sagt Ulrich Thonemann, Professor für Supply Chain ManagementSupply Chain Management an der Universität Münster. Viel wichtiger als die Software sei ohnehin, dass die internen Prozesse sauber strukturiert und auf die unternehmensübergreifende Vernetzung ausgerichtet sind, bevor ein SCM-Projekt in Angriff genommen wird. Alles zu Supply Chain auf CIO.de

Und Analyst Glas von PAC konstatiert: "Die Lücke zwischen den ERP-Anbietern und SCM-Spezialisten wird immer kleiner. Früher hat I2 zu Recht gesagt, SAP könne eigentlich gar kein SCM. Das stimmt heute längst nicht mehr - auch wenn I2 das immer noch gern so sähe. Im Gegenteil: Die Vorreiter I2 und Manugistics seien zwar nach wie vor bei der Funktionstiefe führend beim Supply Chain Planning (SCP), so der westfälische Wissenschaftler. Bei Supply Chain Execution (SCE) und Event Handling aber lägen die ERP-Anbieter deutlich vorn.

Verknüpfen von Supply Chains

Das gewaltige Einsparpotenzial, das die optimierten und digitalisierten Lieferketten erschließen sollen, entfaltet sich vor allem jenseits der eigenen Unternehmensgrenzen. Und genau hier beginnen die Probleme. Firmenintern lassen sie sich zwar noch vergleichsweise einfach regeln. Dort geht es meist um Einfluss und Pfründe von Abteilungen, Divisionen oder Regionalorganisationen, wobei alle letztendlich an einem Strang ziehen und die Firmenleitung die administrative Macht besitzt, notwendige Strukturen und Prozesse zu etablieren. Diese Macht endet allerdings außerhalb der Firma: Bei unternehmensübergreifender Vernetzung stehen sich Partner mit divergierenden Interessen gegenüber. "Deswegen ist das Verknüpfen von Supply Chains immer auch eine Frage von Macht und Vertrauen, bei der schon in der Konzeptionsphase geklärt werden sollte, in welcher Weise die Beteiligten von den Gewinnen profitieren, sagt Schüller.

Aus eigener Erfahrung kennt der Mann von Lufthansa Systems ein technisch erfolgreiches Projekt, das zu erheblichen Einsparungen der Prozesskosten geführt hat und trotzdem zu scheitern drohte. Einer der Partner, ein Logistikdienstleister, wollte sich aus der unter großen Anstrengungen erreichten Lösung zurückzuziehen. Grund: Bei der in der Transportwirtschaft üblichen Abrechnung der Leistung nach der Anzahl von Lagerabrufen und Lagermenge sowie transportierter Tonnage fiel der Gewinn fast ausschließlich beim Kunden an. Mit der effektiveren Lagerhaltung hatte sich der Spediteur um einen erheblichen Teil seines Umsatzes gebracht.

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