Die Liebe zur guten alten Zeit

Nostalgie öffnet Portemonnaies

13.05.2014
Von Daniel Rettig

Hat man die Wahl, wählt man das Bewährte

Katherine Loveland von der kanadischen Wirtschaftsuniversität HEC Montréal setzte vor einigen Jahren Hunderte von Freiwilligen vor einen Computer. Dort sollten sie an einem Spiel namens Cyberball teilnehmen. Darin werfen sich die Probanden virtuell einen Ball zu – mit anderen, real existierenden Personen.

Der Clou ist: Die Mitspieler gibt es gar nicht. Die Wissenschaftler haben das Spiel vorab manipuliert. Bei der einen Gruppe wird der virtuelle Spielball in jedem Durchgang relativ gerecht aufgeteilt. Jeder kommt mal dran, alle sind zufrieden. Doch die Mitglieder der zweiten Gruppe bekommen den Ball nur selten zugeworfen. Sie müssen zusehen, wie die anderen sich den Ball hin- und herpassen - und fühlen sich ausgeschlossen. Schon die Entwickler des Spiels konnten zeigen, dass diese Manipulation die vermeintlichen Außenseiter beeinflusst. Je seltener sie den Ball bekommen, desto eher fühlen sie sich niedergeschlagen. Genau dieselbe Reaktion zeigten Lovelands Probanden.

Neigung zu nostalgischen Produkten

In der zweiten Runde zeigte sie ihnen Produkte. Die einen waren nostalgische, die nicht nur in der Vergangenheit beliebt waren, sondern es heute immer noch sind. Die anderen gab es erst seit Kurzem. Nun sollten sich alle Freiwilligen auf eine Lieblingsmarke festlegen. Mal konnten sie zwischen Duschgel von Nivea oder Dove wählen, mal zwischen einem VW Käfer oder einem Smart. Die Probanden aus der Außenseitergruppe wählten mit großer Mehrheit das Nostalgieprodukt – meist doppelt so häufig wie jene aus der anderen Gruppe. Je stärker das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, desto stärker die Neigung zu nostalgischen Produkten.

Schon der legendäre Sozialpsychologe Abraham Maslow war davon überzeugt, dass der Mensch einige zentrale Wünsche hat. Am wichtigsten sind elementare physiologische Bedürfnisse wie atmen, essen und schlafen. Sind sie erfüllt, streben wir nach Sicherheit. Ist auch das erreicht, begehren wir Anschluss. Wir sind nicht dafür gemacht, unser Leben alleine zu verbringen. Als soziale Wesen wollen wir geschätzt und gemocht werden. Lovelands Studie legt nahe: Dieses Bedürfnis nach Zugehörigkeit lässt sich durch den Konsum nostalgischer Produkte stillen.

Brücke zu Erinnerungen

Mit ihnen bauen wir uns eine gedankliche Brücke zu Erinnerungen. Und je stärker wir uns ausgeschlossen oder abgelehnt fühlen, desto größer ist dieses Verlangen. Das bestätigt auch Ulrich Orth, Marketingprofessor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: "Konsumenten ,kaufen‘ sich positive Gefühle. Deshalb prägen schöne Erinnerungen Konsumentscheidungen." Für Orth ist die Stimmung Ursache und Folge zugleich. Demnach greifen Konsumenten vor allem bei schlechter Laune zu nostalgischen Produkten - und dieser Kauf verbessert die Laune.

Davon profitieren in Deutschland zahlreiche Branchen. Im April 2012 verkündete der Verlag Egmont Ehapa, das Kinder- und Jugendheft "Yps" wiederzubeleben. Seinen Kultstatus verdankt es vor allem den Spielzeugen auf dem Cover. Diese Gimmicks durften bei der Neuauflage nicht fehlen: Als Schmankerl gab es die beliebten Urzeitkrebse. Immerhin 5,90 Euro kostete das Heft, doch der hohe Preis konnte die Fans nicht abschrecken: Die 120.000 Exemplare waren innerhalb weniger Tage ausverkauft.

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