Interview mit Hermann Kruse, CIO der DB AG

Ohne Architektur-Management geht nichts

Christoph Witte arbeitet als Publizist, Sprecher und Berater. 2009 gründete er mit Wittcomm eine Agentur für IT /Publishing/Kommunikation. Dort bündelt er seine Aktivitäten als Autor, Blogger, Sprecher, PR- und Kommunikationsberater. Witte hat zwei Bücher zu strategischen IT-Themen veröffentlicht und schreibt regelmäßig Beiträge für die IT- und Wirtschaftspresse. Davor arbeitete er als Chefredakteur und Herausgeber für die Computerwoche. Außerdem ist Witte Mitbegründer des CIO Magazins, als dessen Herausgeber er bis 2006 ebenfalls fungierte.

Welche Rolle spielt EAM in Serviceorientierten Umgebungen?

Kruse: Was für Anwendungen und ITK-Infrastrukturen stimmt, gilt in gleichem Maße für Services. Ohne EAM lässt sich beispielsweise die Wiederverwendung von Services zur Unterstützung spezieller Geschäftstätigkeiten in unterschiedlichen Bereichen nicht sinnvoll planen und umsetzen. Und wenn man nicht bei den technischen Komponenten haltmacht, sondern auch Prozesse und Prozessschritte einbezieht, kann man Architekturprinzipien wie Wiederverwendbarkeit auch in größeren Zusammenhängen anwenden.

Wie muss sich EAM in Zeiten der Cloud weiterentwickeln?

Kruse: Statt Cloud wäre hier der Begriff "Kooperationsmodelle" angebracht. Architektur-Management muss angemessen berücksichtigen, welche Möglichkeiten sich aus der Ergänzung eigener Anwendungen mit externen Services, zum Beispiel aus der Cloud, ergeben. Hier spielt wiederum das Thema Sicherheits- und Risiko-Management eine wichtige Rolle. Doch auch die Steuerung der Informationsflüsse und Schnittstellen zwischen den Anwendungen bleibt eine Herausforderung für das Architektur-Management.

Wie flexibel kann oder muss eine Architektur sein?

Kruse: Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Die Architektur sollte so gestaltet sein, dass auf Veränderungen des Unternehmensumfelds auf allen Ebenen des Architekturmodells möglichst schnell mit geeigneten Lösungsvorschlägen reagiert werden kann, ohne dass man sich dabei unerwünschte Nebeneffekte einhandelt.

"Gemeinsame Anwendungssoftware ein gemeinsamer Nenner"

Vielleicht kann man das an einem konkreten Beispiel verdeutlichen: Bei der Deutschen Bahn arbeiten mehrere Instandhaltungsbereiche, die ganz verschiedene Dinge betreuen, von Zügen über Gebäude bis zum Schienennetz. Aus IT-Architektursicht könnte eine gemeinsame Anwendungssoftware ein gemeinsamer Nenner sein, der die Standardisierung in diesem Sektor voranbringt. Doch wenn Sie nur eine einheitliche Software einführen, ohne die Prozesse ebenfalls anzugleichen, sind unterschiedliche Systeme das Ergebnis.

Für die benötigte man in diesem Fall nur eine Art von Know-how, und man hätte die Infrastruktur und Lizenzen im Griff. Aber viel effektiver und auch flexibler für den Konzern wäre es, wenn man die Prozesse harmonisierte. Dann würde die gleiche Software für mehrere Mandanten arbeiten. Sie wäre leichter zu managen, preiswerter zu betreiben und flexibler zu ändern.

In den vergangenen Jahren etabliert sich immer stärker eine IT der zwei Geschwindigkeiten: Die auf den Endkunden ausgerichteten Services und Systeme verändern sich sehr viel schneller als die Backend-Systeme. Wie ist das architektonisch unter einen Hut zu bringen?

Kruse: Durch Entkopplung beziehungsweise Reduktion von Abhängigkeiten zwischen Anwendungen, Daten und dafür nötiger IT-Infrastruktur. Dabei helfen uns sowohl der SOA-Ansatz als auch die Architektur-Management-Prinzipien. (Computerwoche)

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