SOFTWARE

Oldie-System hemmt die Bahn

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.

Der Bahn-Vorstand wollte das neue System ursprünglich „so schnell wie möglich“ einführen. Das technische Risiko, aus dem Stand ein völlig neues Buchungsverfahren für die in Deutschland insgesamt 22 Millionen möglichen Verbindungen einzuführen, erschienen allerdings zu groß. Jetzt will die Bahn bei der Tarifreform an Teile des alten Systems anknüpfen. „Das wird keine völlige Neuentwicklung“, bestätigt ein TLC-Referent. Dennoch sind auch hier die Unwägbarkeiten nicht zu unterschätzen: Wir müssen jede Hand im Konzern finden, die uns hilft, das alte Computersystem an das neue Preiskonzept anzupassen“, zitiert die Süddeutsche Zeitung einen Insider.

Totalausfall des Systems befürchtet

Kurs 90 hat seine beste Zeit lange hinter sich. Es sei ein „Kommunikationsnetz mit erheblichen technischen Risiken“, das eigentlich ausgetauscht werden müsste, hatte der Bahn-Vorstand seinem Aufsichtsrat bereits im März dieses Jahres in einem internen Papier mitgeteilt. Programmiert wurde es in der Sprache „Fortran“, die nur noch wenige Fachleute beherrschen. Eingeweihte fürchten schon lange einen Totalausfall des Systems und die Einstellung der Wartung ab 2003.

Der Einsatz des Software-Oldtimers hat schon heute Folgen. So stellte Stiftung Warentest im August 1999 fest: „Die meisten Fahrkartenverkäufer finden sich nicht mehr zurecht zwischen Guten-Abend-, Schönes-Wochenende- und Twen-Tickets, Spar-, Superspar-, ICE-Superspar-, Surf&Rail- und Rail&Fly-Tarifen.“

Die im Juli dieses Jahres vorgestellten neuen Tarife sollen für die Kunden vieles vereinfachen. Die Kernpunkte der Reform: Wer früh bucht, fährt preiswerter; Spontanfahrer zahlen den vollen Preis. Was für den Kunden einfacher wird, bedeutet für die IT-Experten jedoch eine gewaltige Aufgabe. „Das ist keine triviale Sache“, sagt Pro-Bahn-Sprecher Barth. „Heute werden nur einige Sitzplätze reserviert. In Zukunft muss die Bahn fast jede Verbindung einzeln einbuchen.“

Zur Startseite