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Optimistischer Ausklang der Internet-Konferenz re:publica

08.05.2015
Drei Tage diskutierten rund 7000 Teilnehmer über Perspektiven der digitalen Gesellschaft. Im Mittelpunkt stand die Kritik an staatlicher Überwachung und an der EU-Flüchtlingspolitik. Für hoffnungsvolle Akzente sorgten Projekte der Netzkunst.

Nach mehr als 100.000 Tweets zur re:publica ist die Internet-Konferenz am Donnerstag mit optimistischen Tönen zu Ende gegangen. Die Veranstalter zogen eine positive Bilanz. Rund 7000 Besucher aus 23 Ländern hätten die Beiträge von rund 800 Sprechern verfolgt, sagte der Blogger Johnny Haeusler. Mit einem Anteil von 44 Prozent konnte die Re:publica deutlich mehr Frauen anziehen als vergleichbare Technologie-Konferenzen.

2015 war laut Abschluss-Pressemitteilung das bisherige Rekordjahr der re:publica mit einer noch nie dagewesenen Zahl von 850 internationalen SpeakerInnen (vom jüngsten Speaker mit elf Jahren bis zum renommierten Zygmunt Bauman mit 89 Jahren) aus 60 Ländern mit 500 Stunden Programm. Zu den 7000 TeilnehmerInnen kamen rund 700 akkreditierte, internationale JournalistInnen. Die Sessions wurden nicht nur auf den Bühnen, sondern auch als Livestream via WLAN auf mehr als 9000 Geräte der BesucherInnen übertragen. Der Daten-Traffic in und um die Location Station-Berlin herum belief sich auf etwa 6 Terabyte mit Spitzenwerten von 700MBit/s. Knapp ehrenamtliche 500 HelferInnen machten die Umsetzung erst möglich.

Am Anfang der Konferenz stand die skeptische Diagnose "Das System ist kaputt". Redner wie der kanadische Science-Fiction-Autor Cory Doctorow erklärten: "Computer sind zu einem Sicherheitsalptraum geworden" - und dazu gehöre auch das Handy als Supercomputer in der eigenen Tasche. Im Verlauf der drei Tage präsentierten Vorträge und Workshops aber auch Vorschläge für eine Reparatur - zentrale Forderung war der "Einstieg in den Ausstieg aus der Massenüberwachung".

Am letzten Tag zeigte der amerikanische Netzaktivist Jacob Appelbaum einen Film, in dem er gemeinsam mit dem chinesischen Konzeptkünstler Ai Weiwei gegen staatliche Überwachung protestiert. Der in Peking gedrehte Film der Regisseurin Laura Poitras ist Teil eines New Yorker Projekts, das sieben Computertechniker mit sieben Künstlern zusammenbringt. Gezeigt werden Ai Weiwei und Appelbaum, wie sie Panda-Stofftiere mit geschredderten Regierungsdokumenten über staatliche Kontrollmaßnahmen füllen.

Ohne den Enthüllungsaktivisten Edward Snowden und Wikileaks-Gründer Julian Assange "wäre die Welt heute ein ganz anderer Ort", sagte Appelbaum. "Widerstand kommt nicht einfach aus dem Internet, sondern aus unseren Herzen."

Die gewachsene Konferenz zeigt, dass Netzthemen nicht mehr das alleinige Fachgebiet der Nerds sind. "Netzpolitik ist längst nicht mehr ein Nischenthema", sagte Mitorganisator Markus Beckedahl. Zwar seien viele Forderungen der Netzaktivisten noch nicht erfüllt, doch die Diskussion gehe voran. Die Auftritte von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) oder Grünen-Politikerin Claudia Roth zeigten das Interesse von Politikerinnen an der Internetszene. Mehrere Redner und Teilnehmer sprachen sich eindringlich für eine Umkehr in der EU-Flüchtlingspolitik aus.

Ein Schwerpunkt des letzten Tages waren neue Geschäftsmodelle in der Musikbranche. Die Zukunft des Musikkonsums liege im Streaming über das Internet, hieß es einhellig in einer Gesprächsrunde. Die kroatisch-britische Musik-Managerin Michela Magas forderte eine Lockerung des EU-Urheberrechts: "Wir dürfen uns nicht länger an die alten rechtlichen Strukturen klammern", sagte Magas. Kreative Tüftler verbinden Musik mit Code: "Wir nennen sie Gunks - aus Geek und Punk." (dpa/tc)

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