Es gibt sie noch, die Geeks und Nerds

Professionelles Outfit

Heinrich Seeger arbeitet als IT-Fachjournalist und Medienberater in Hamburg. Er hat über 30 Jahre IT-journalistische Erfahrung, unter anderem als Gründungs-Chefredakteur des CIO Magazins. Er entwickelt und moderiert neben seiner journalistischen Arbeit Programme für Konferenzen und Kongresse in den Themenbereichen Enterprise IT und Mobile Development, darunter IT-Strategietage, Open Source Meets Business, droidcon und VDZ Tech Summit. Zudem gehört er als beratendes Mitglied dem IT Executive Club an, einer Community von IT-Entscheidern in der Metropolregion Hamburg.
Die IT ist in den Führungsetagen angelangt, und ihre Vertreter haben sich der Business-Kleiderordnung angepasst. Ab und an trifft man jedoch noch auf Nerds, die sich der modischen Mimikry versagen.

"Elegant und geschmackvoll" sollen Führungskräfte sich kleiden, fordert der Hamburger Modedesigner Tom Reimer und lässt das nicht unbegründet: "Gute Kleidung gilt als Zeichen von Professionalität."

So simpel wie das Gebot ist seine Umsetzung nicht, denn auch IT-Profis haben von Eleganz manchmal eigene Vorstellungen, und über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Doch das gehört sicher nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen von Menschen, die komplexe logische Zusammenhänge beherrschen und deshalb Geeks oder Nerds genannt werden. Ein Programmierfuchs, der vor ein paar Jahren die Nächte noch mit brauner Brause und Selbstgedrehten am Terminal verbracht hat, wird nicht durch Beförderung automatisch zum Dressman.

So passiert es, dass man auf IT-Kongressen immer noch auf Gestalten trifft, die irgendwie besonders sind. Das Sakko hektisch gemustert oder mit Flicken am Ellenbogen, darunter ein Synthetikhemd, dessen Beziehungskrise mit dem Sakko nur noch vom schreienden Kontrast zur Krawatte übertroffen wird. Falls nicht aus Leder, ziert diese ein Disney-Motiv, oder sie ist so schmal wie in den 80ern, dafür aber so kurz gebunden, dass es schon wieder irgendwie passt. Das kann man von der Billigjeans nicht sagen; immerhin: Das Handy am Gürtel macht sie auch nicht mehr schlimmer. Das Schuhwerk - lassen wir das.

Solchen Leuten vertraut man Programmierfragen an, aber in freier Business-Wildbahn finden sie keine Nische. Sie ahnen das offenbar - und schauen oft unglücklich.

Wie kommt es zu solchen Stilkarambolagen? Entweder man geht gern shoppen und hat eigene Stilvorstellungen. Oder man orientiert sich am kleinsten gemeinsamen Nenner - meist die Quersumme aus Anzug, Sakko und Krawatte, wobei gelegentlich schon deren bloße Existenz als Lösung jedes modemathematischen Problems betrachtet wird. Wer so unsicher ist, braucht Beratung: durch Freundin oder Freund, Gattin oder Couture-Consultant.

Nerds mit stabilem modesozialen Beziehungsgefüge fallen gar nicht so sehr auf; ihre Peers bewahren sie vor den wirklich üblen modischen Fehlgriffen. Totalausfälle in dieser Disziplin sind entweder überarbeitete Singles oder unbeirrbare Individualisten.

Das Format dazu haben allerdings wenige. Man muss schon Ex-Internet-Guru sein, als "Minister for Tomorrow" reüssiert haben und Ossi Urchs heißen, um souverän Dreadlocks mit Nadelstreifen kombinieren zu können.

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