Projektmanagement


Lessons Learned

Projektmanagement in SAP-Großprojekten

Björn Kibbel ist seit 1999 bei der innobis AG tätig. Als Manager Development und Integration Services analysiert er bankfachliche Geschäftsprozesse und die damit verbundenen Anforderungen an die IT-/SAP-Landschaft und übernimmt die Architekturberatung bei Banken.

Gesamtumfang im Blick behalten

Bei der vorgestellten iterativen Sichtweise auf die Entwicklung und des Drucks, der auf dem Entwicklungsteam am Ende einer Iteration lastet, neigen Arbeitspaketleiter tendenziell dazu, für die nächste Iteration weniger Inhalte einzuplanen, um diesem Druck auszuweichen. Dabei kann es leicht passieren, dass der Gesamtumfang der Aufgaben, die das Team bewältigen muss, aus dem Blickfeld gerät.

Um dem entgegen zu wirken, hat es sich bewährt, parallel zur Iterationsplanung immer auch eine Gesamtplanung über alle Arbeitspakete zu erstellen. Diese erfolgt in Form einer sehr großen Mind-Map, in der pro Arbeitspaket und Iteration der geplante Umsetzungsumfang in Form von Features - wenn möglich mit Bezug zum Fachkonzept - eingetragen wird. Dies dient dann auch den Teams, um untereinander abzustimmen, wann welches Feature in welcher Ausprägung benötigt und entwickelt wird.

Der Entwicklungsleitung hilft diese Matrix, die Iterationen zu planen und den Projektfortschritt zu kontrollieren. Im vorgestellten Projekt hing eine Mind-Map ausgedruckt auf einem A0-Plakat an der Wand. Fertige Features wurden mit einem grünen Marker markiert, so dass der Projektfortschritt wie "ein Baum im Frühling" sichtbar wurde, was das Team zusätzlich motivierte.

Qualität sichern

Zwischen Entwicklungsende und Fachtest wurde ein umfangreicher Entwicklungstest eingeplant, in dem die Architekten und Arbeitspaketleiter die Gesamtanwendung umfassend testeten. Iterationstest lassen sich aufgrund der verfügbaren Zeit meist nur relativ oberflächlich durchführen.

Eine Gefahr bei dieser Vorgehensweise besteht darin, dass Entwickler ein Entwicklungsobjekt nach bestandenem Iterationstest als abgeschlossen betrachten und die fehlenden zehn Prozent bis zur endgültigen Fertigstellung aus Zeitmangel auf der Strecke bleiben. Auch werden am Iterationsende i.d.R. keine Schwachstellen wie beispielsweise fest verdrahtete Parameter aufgedeckt.

Es ist illusorisch anzunehmen, dass Entwickler unter zeitlichem Druck nicht sogenannte "Erstmal"-Implementierungen als "fertig" kennzeichnen. 50 Prozent solcher Defekte können die Prozessteams im Laufe ihrer Implementierung aufdecken. Die übrigen 50 Prozent lassen sich durch einen ausgedehnten "Entwicklungstest" identifizieren, der nicht durch die Entwickler selbst durchgeführt wird, sondern vom Entwicklungsleiter oder Architekten. Dieser sollte als wirksamstes Mittel gegen Softwarequalitätsmängel von vorne herein im Projekt eingeplant werden.

Die Lessons Learned

Das SAP-Großprojekt wurde erfolgreich fertiggestellt. Die Learns aus diesem Projekt seien hier nochmals kurz zusammen gefasst:

  • Schnitt der Arbeitspakete nach technischen und fachlichen Gesichtspunkten und bedarfsorientierter Wechsel der Mitarbeiter zwischen den Teams

  • gutes Abwägen zwischen kurzen und langen Iterationen

  • Definition der Testfälle bereits zu Beginn jeder Iteration

  • Zusammenstellen der unterschiedlichen Auslieferungen am Ende jeder Iteration

  • Gesamtumfang im Blick behalten

Iterative Projektmanagement-Methoden eignen sich hervorragend

Klassische iterative Projektmanagement-Methoden eignen sich nach wie vor hervorragend, um komplexe und umfangreiche Entwicklungsprojekte mit vorgegebenem Scope umzusetzen. Einige in diesem Artikel beschriebene Learns bzw. weiche Erfolgsfaktoren tragen dazu bei, dass manche Projekte erfolgreicher verlaufen als andere und es lohnt sich für Projektleiter, sich diese Faktoren und ihre Auswirkungen am Anfang des Projektes bewusst zu machen und aktiv zu managen.

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