Linux auf dem Vormarsch

Reif für das Unternehmen

07.04.2003

"Bei der Wahl von Microsoft-Produkten wären in den kommenden zehn Jahren 20 Millionen Euro Kosten auf die Polizei zugekommen", rechnet Projektleiter Axel Köhler vor: 3,3 Millionen Euro Lizenzkosten für PC-Clients, 1,4 Millionen für Server-Software, rund 6 Millionen Update-Kosten und etwa 10 Millionen Euro für die Anpassung der IT-Architektur. Mit Open Source können gerade öffentliche Verwaltungen viel sparen, weiß Gregor Lietz, auf die öffentliche Verwaltung spezialisierter Berater der EDS-Tochter "C-sar". "Mittelfristig lohnt sich das Engagement fast immer. Behörden mit Unix-Know-how können sogar kurzfristig Gewinne realisieren." Allerdings war für Köhler Open Source nicht zwingend. "Wären wir aus einer strukturierten Microsoft-Welt gekommen, hätten wir Linux anders bewertet", gibt er zu.

Ähnlich sieht es Markus Huber-Graul, Meta-Group-Berater und Verfasser der Studie "Linux - Betriebssystemlandschaft im Wandel": "Gut laufende Unix- und Microsoft-Systeme sollten Unternehmen nicht durch einen drastischen Open-Source-Software-Einsatz verändert werden. In puncto Leistungsfähigkeit bei HighendServern liegt Unix noch vier Jahre vor Linux." Die Migrationskosten seien sehr hoch; Linux werde bislang von Software-Anbietern nicht ausreichend unterstützt. Zudem gebe es zu wenig Dienstleister. Eine sehr gute Zukunft sagt er OSS für den Einsatz auf Web-orientierten Servern voraus. Laut Meta Group wird der Linux-Anteil von heute 3 auf 26 Prozent im Jahr 2012 steigen; Unix werde dagegen von 45 auf 20 Prozent fallen, während Windows von 12 auf 51 zulegen soll. "Bei Desktops wird Open Source nur in Nischen eingesetzt; auf Großrechnern bringt Linux wenig Wirkung", resümiert Huber-Graul.

OMV: Produktiveinsatz auf Großrechnern

Die Österreichische Mineralölverwaltungs AG (OMV) jedoch setzt Linux seit Oktober 2001 auf zwei Großrechnern ein. "Binnen vier Tagen lief SAP R/3 unter Linux produktiv. Wir haben seitdem keine Ausfälle", berichtet Walter Rotter, Leiter IT-Services bei OMV in Wien. Allerdings kennt er auch die Grenzen: Linux unterstütze 64-Bit-Prozessoren nicht ausreichend und "bei Prozessen, die Hochverfügbarkeit verlangen, arbeitet kommerzielle Software besser".

Doch insgesamt dominieren nach Rotters Urteil die Vorteile von Linux auf dem Mainframe: "Linux unterstützt Großrechner optimal dabei, andere Systeme unterbrechungsfrei komplett zu simulieren." Das erleichtere die Arbeit angesichts häufiger Käufe und Verkäufe von Gesellschaften enorm. Batch-Prozesse liefen unter Linux viermal schneller, Dialogprozesse 30 Prozent schneller als unter Unix. Zudem, so der OMW-Mann, lägen die Lizenzkosten gegenüber dem IBM-Betriebssystem AIX um 10 Prozent, gegenüber MVS um mehr als 95 Prozent niedriger.

Noch überzeugt das nicht alle. Wenn IT-Kollegen nach Wien kommen, schlägt Rotter Misstrauen entgegen. Oft heißt es: "Wie kann man ein so billiges Betriebssystem auf einem so teuren Großrechner laufen lassen?"

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