Harald Lemke

Retter und Katalysator

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.

Troubled Projects sind seine Spezialität

Ein komplett neues Team aus Mitarbeitern der Telekom-Tochter T-Systems und des Datenbankspezialisten OracleOracle arbeitet in der hessischen Landeshauptstadt mit Mitarbeitern des BKA an einer Neuauflage des Fahndungssystems. Lemke kann von der abgespeckten Version nur schwärmen: "Das Schöne an Inpol, wenn es funktioniert: Es gibt eine einfach zu bedienende Web-Oberfläche. Niemand muss mehr kryptische Befehlszeilen eingeben. Sie surfen durch unsere Großrechnerbestände so einfach wie durchs Internet." Name und Geburtsdatum eingeben, und schon erfahre der Beamte alles, was über eine bestimmte Person gespeichert ist. Alles zu Oracle auf CIO.de

Computer statt Schreibmaschinen

"Das ist keine Petitesse", betont Lemke: Die Altsysteme würden von jüngeren Kollegen kaum noch akzeptiert, geschweige denn beherrscht. In Hamburg und Hessen hingegen sei bei der Einführung eines ähnlichen Systems die Nutzung um den Faktor vier gestiegen. "Der Wert einer Information steht und fällt mit dem Nutzungsgrad; auch der Aggregationsgrad der Daten steigt", so der IT-Direktor. Sein Beispiel: In Hamburg mussten die Beamten mit Inpol, dem Landes-, Schengen-, und Einwohnersystem vier verschiedene Systeme abfragen. "Das bekommen Sie heute - je nach Berechtigung - alles mit einer Auskunft zurück."

Woran die Inpol-Vordenker gescheitert sind und was Lemke, wenn überhaupt, erst später realisieren will, ist die Zusammenfassung bisher getrennt gehaltener Daten in einer Datenbank. "Die Komplexität des Ansatzes geht an die Grenzen dessen, was mit der verfügbaren Technologie machbar ist", heißt es im KPMG-Gutachten vom Oktober 2001. Kurz gesagt: ein größenwahnsinniges Projekt.

Ein weiteres großes Hindernis, den fatalen "Geleitzug der Länder", hat Lemke aufgelöst. "Wir holen die Länder dort ab, wo sie heute sind." Bisher galt bei der Einführung von Inpol das Dogma, dass alle Länder zur selben Zeit ihre IT-Systeme hätten umstellen müssen.

Das Schlüsselwort lautet Integration. "Wir haben mit einer Vielfalt verschiedener Systeme zu tun, die man einbinden muss", sagt Lemke. In manchen Landstrichen werde noch mit Schreibmaschinen gearbeitet. Jetzt soll das neue System an der Schnittstelle zu Altsystemen abwärtskompatibel sein. In der Praxis heißt das: Länder, die die Umstellung nicht rechtzeitig schaffen, können ihre Anwendungen zunächst weiter nutzen. Neuer Termin für Inpol-neu ist jetzt der August kommenden Jahres.

Die Kosten, die Inpol-Kritiker stets lautstark monieren, rechnet Lemke kurzerhand klein: Die rund 110 Millionen Euro Investitionen des Bundes legt er auf 270000 Nutzer und zehn Jahre um. "Jede einzelne Auskunft über eine Person - liegt etwas vor, ist eine Festnahme notwendig, müssen wir uns selbst schützen? - kostet demnach nur 1,7 Cent. Das ist weiß Gott kein unbilliger Betrag." Sagt Lemke.

Zur Person: Harald Lemke (46), Lemke hat in Hamburg technische Informatik studiert und in einer Beratungsfirma gearbeitet. Er kam über Digital Equipment zu Nixdorf und IBMIBM und wechselte anschließend in den öffentlich-rechtlichen Bereich.
Seine nächsten Stationen: Leiter EDV eines Krankenhausbetriebs, Rechenzentrumsleiter der Freien und Hansestadt Hamburg und IuK-Leiter der Polizei Hamburg, Architekt bei der hessischen Polizei.
Lemke berichtet an den BKA-Präsidenten Ulrich Kersten. Vorher war der IT-Bereich beim Leiter Haushalt, Organisation, Personal und Logistik und IT angesiedelt. Der IT-Direktor hat 400 Mitarbeiter unter sich; hinzu kommen 100 in Bereichen, die mit IT zu tun haben, sowie 100 externe Kräfte. Er verfügt über ein Budget von 61 Millionen Euro pro Jahr. Alles zu IBM auf CIO.de

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