Whistleblowing

Selbstmord auf Raten

01.09.2008
Von Eva Buchhorn

Heute berät Rohde-Liebenau mit seiner Firma Risk Communication Concepts Unternehmen im Umgang mit den internen Informanten. Er hält die Hinweisgeber für wichtige Frühwarner, die Firmen oder Behörden helfen könnten, einen gefährlichen Kurs zu korrigieren.

Ob Gammelfleisch-Skandal, Umweltfrevel, Kick-back-Zahlungen in der Bauwirtschaft oder eben Bespitzelung missliebiger Journalisten à la Telekom: "Überall, wo Angehörige von Firmen systematisch Strafgesetze verletzen oder Verhaltensregeln missachten, gibt es Mitwisser, die mit ihren Informationen Schlimmeres verhüten könnten."

Tatsächlich kommt der entscheidende Hinweis zur Aufklärung schwerwiegender Straftaten sehr oft von Insidern. In den Korruptionsfällen Ikea, EADS und Siemens , aber auch im Fall der mutmaßlichen Bilanzfälschungen beim Hamburger Flugzeugmotorenhersteller Thielert - überall sind Ermittler durch diskrete Hinweise aus den Firmen auf den Plan gerufen worden.

Die allermeisten Hinweisgeber agieren jedoch anonym. Sie schreiben Briefe ohne Absender oder leiten ihr Wissen über einen Anwalt an die Behörde weiter - sie tun alles, um nicht mit vollem Namen als Anschwärzer dazustehen. Aus gutem Grund: Das deutsche Arbeitsrecht gestattet die Strafanzeige gegen den Arbeitgeber nur im Ausnahmefall. Sonst droht die Kündigung.

Also lieber wegsehen und den Mund halten? Auch das geht nicht: Ein Mitarbeiter, der von drastischen Gesetzesverstößen oder bevorstehenden großen Schäden erfährt, muss unternehmensintern die Alarmglocke läuten. Sein Arbeitsvertrag verpflichtet ihn dazu, Schäden vom Arbeitgeber abzuwenden. Damit sitzt der Manager in der Falle: Hat er Pech und das Unternehmen billigt die fragwürdigen Praktiken, wird er als Systemflüchtling gebrandmarkt - und bekommt Rache zu spüren.

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