Neue Siemens-Zentrale öffnet bald

Siemens-Chef Kaeser schließt die nächste Baustelle

15.06.2016
Kontrastprogramm bei Siemens: Bald wird die neue Konzernzentrale im Herzen Münchens feierlich eröffnet. In der bayerischen Provinz bangen derweil viele Mitarbeiter um ihre Jobs.
Siemens-Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser
Siemens-Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser
Foto: Siemens AG

Siemens-Chef Joe Kaeser kann das nächste Großprojekt abhaken: Nach drei Jahren Bauzeit eröffnet der Elektrokonzern sein neues Hauptquartier in der Münchner Innenstadt. Transparente Glasfassaden, begrünte Innenhöfe und ein Hightech-Innenleben - für die elegante Arbeitswelt hat SiemensSiemens keine Kosten und Mühen gescheut. Selbst acht Kugelahornbäume, die während der aufwendigen Bauarbeiten vorübergehend auf Kur in einer Baumschule waren, haben wieder ihre Stammplätze am noblen Wittelsbacher Platz im Herzen Münchens eingenommen. Top-500-Firmenprofil für Siemens

Einen solch pfleglichen Umgang dürfte sich mancher Beschäftigte im Konzern wünschen. An Standorten wie Ruhstorf nahe Passau oder Bad Neustadt/Saale herrscht derzeit Angst um die Arbeitsplätze statt Partystimmung. Erst vor wenigen Wochen hatte Kaeser die Streichung und Verlagerung von insgesamt 2500 Arbeitsplätzen angekündigt, und es trifft vor allem die bayerische Provinz. Die betroffenen Mitarbeiter wollen deshalb etwas Wasser in den Wein gießen und zur Eröffnung der Zentrale auf ihre Sorgen aufmerksam machen. "Siemens muss mit seinem gesamten Spektrum einschließlich der Produktion in Deutschland präsent bleiben, nicht nur mit Führung und Verwaltung", fordert Bayerns IG-Metall-Bezirkschef Jürgen Wechsler.

In dem Neubau wurde derweil alles dafür getan, dass sich die rund 1200 Mitarbeiter, die hier künftig tätig sein werden, wohlfühlen. Offene Arbeitswelten statt enger Büros, in denen sie in Teams zusammensitzen, sollen Vernetzung und Kommunikation zwischen den Kollegen fördern. Lichtdurchflutete Innenhöfe, drei Restaurants, ein Café und ein Bistro mit Dachterrasse sowie loungeartige Bereiche laden zum Zusammentreffen und Verweilen ein. Eine zentrale Luftaufbereitung sowie intelligente Gebäudetechnik sorgen rund um die Uhr für Frischluft und ein angenehmes, individuell einstellbares Raumklima. Wer seine Pausen sportlich nutzen will, kann sich in einem "Studio Active" fit halten.

Bewusst viel Wert wurde bei dem Neubau auf Offenheit und Transparenz gelegt, wie Projektleiter Thomas Braun sagt. Besucher und Passanten können frei durch die Innenhöfe und durch das Atrium im Erdgeschoss flanieren, auch ein Teil der Gastronomie ist öffentlich nutzbar. Bei der Frage, ob das denn kein Sicherheitsproblem darstellt, winkt Braun ab. Die größten Risiken für Unternehmen liegen heute eher in Cyberattacken oder in Spionageaktivitäten, weiß der Siemens-Manager.

Einen niedrigen dreistelligen Millionen-Betrag hat sich Siemens das neue Aushängeschild kosten lassen, vor dem nun eine Skulptur des Stararchitekten und Künstlers Daniel Libeskind mit dem Titel "The Wings" Mitarbeiter und Besucher aus aller Welt begrüßt. Apropos Kunst: Dank der frei zugänglichen Innenhöfe ist mit dem Neubau eine Verbindung zwischen der Münchner Innenstadt und dem Kunstareal der Stadt geschaffen worden.

Den Grundstein für den Bau legte im Sommer 2013 noch der ehemalige Konzernchef Peter Löscher, der kurz darauf nach mehreren Gewinnwarnungen in Folge seinen Posten räumen musste. Sein Nachfolger Kaeser stieß schon bald den radikalsten Konzernumbau seit langem an: Die Einteilung des Geschäfts in Sektoren fiel weg, die Zahl der Divisionen wurde gekappt und Siemens trennte sich unter anderem von seinem Anteil am Hausgerätehersteller BSH und gliederte die Medizintechnik in ein eigenständiges Tochterunternehmen aus.

Dessen Mitarbeiter hatten erst jüngst etwas unglückliche Erfahrungen mit einer Auftakt-Party gemacht: Für ein Youtube-Video mit Song anlässlich der Umbenennung der Sparte in "Healthineers" - eine Wortschöpfung aus "Health" für Gesundheit und "Pioneers" für Pioniere - erntete Siemens viele Spötteleien im Netz. Deshalb dürften nun nicht nur die Gäste, sondern auch viele Mitarbeiter bei der Eröffnungsfeier für die Zentrale am 24. Juni noch genauer hinschauen. Als Gäste werden auch Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erwartet. (dpa/rs)

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