Pkw-Antrieb

So diskutiert die Welt das Aus für Benziner und Diesel

24.10.2016
Kaum eine Volkswirtschaft ist so abhängig von der Autoindustrie wie die deutsche. Trotzdem haben die Grünen vor wenigen Wochen das Unmögliche gewagt - und ein Aus für den Verbrennungsmotor gefordert. In anderen Ländern wird mehr oder weniger laut darüber nachgedacht.
Vor allem aus den Großstädten werden Diesel und Benziner wohl weltweit nach und nach verschwinden.
Vor allem aus den Großstädten werden Diesel und Benziner wohl weltweit nach und nach verschwinden.
Foto: Orlando_Stocker - shutterstock.com

Sollen Diesel und Benziner von 2030 an nicht mehr in Deutschland zugelassen werden dürfen? Wenn es nach dem Grünen-Bundesvorstand geht, ja. Ein Antrag für den Parteitag im November zielt auf ein solches Verbot. Auch im Bundesrat wurde zuletzt darüber diskutiert. In einer parteiübergreifenden Stellungnahme bittet man die EU-Kommission zu prüfen, wie sich mit Hilfe von Steuern und Abgaben ab 2030 abgasfreie Mobilität fördern lässt. Doch wie sieht es eigentlich in anderen Ländern aus?

Auch in den USA gibt es Diskussionen über die Abschaffung des Verbrennungsmotors. Allerdings ist das in der breiteren Öffentlichkeit bislang kein großes Thema - Politiker würden sich mit solchen Forderungen in dem liberalen und autoverliebten Land wohl wenig Freunde machen. Die unter Umweltaspekten besonders kritisch gesehene Diesel-Technik fristet in den USA indes traditionell nur ein Nischendasein. Daran dürfte sich nach dem VW-Skandal und angesichts strikter Stickoxid-Vorschriften auch nichts ändern.

Auf dem weltweit größten Automarkt China gibt es zwar noch kein direktes Verbot für Verbrennungsmotoren. Die Regierung in Peking wirkt aber mit ihrer Politik darauf hin, dass Benzin-Fahrzeuge nach und nach aus den Großstädten verschwinden. In Peking etwa, dessen Straßen von mehr als sechs Millionen Autos verstopft sind, werden Kennzeichen für Neuzulassungen nur noch verlost.

Die Chancen, eine der Lizenzen zu ergattern, liegen bei unter fünf Prozent. Nur wer ein ElektroautoElektroauto kauft, braucht nicht am Losverfahren teilzunehmen - und profitiert obendrein von hohen staatlichen Subventionen. China hat es eilig, seine Großstädte von dreckigen Autoabgasen zu befreien, die zum Teil für den Smog verantwortlich sind. Bis zum Jahr 2020 sollen jährlich fünf Millionen E-Autos in China verkauft werden. Top-Firmen der Branche Automobil

In Japan ist der Diesel schon lange als Dreckschleuder verpönt. Die Hauptstadt Tokio ging schon zur Jahrtausendwende voran und verbannte grundsätzlich alle "dreckigen" Diesel-Nutzfahrzeuge. Nur wer strenge Emissionsauflagen erfüllt, darf in die Stadt. Als rohstoffarmes Inselland, das von Ölimporten abhängig ist, arbeiten Japaner zugleich seit langem an alternativen Antrieben. Bereits 1995 brachte Toyota den ersten Hybridwagen in Massenproduktion heraus. Ganze 20 Jahre später hatte man 8 Millionen Hybride auf den Straßen. Der Konzern schätzt, dass so 22 Milliarden Liter an Benzin eingespart werden konnten.

In Europa ist Norwegen Vorreiter beim Kampf gegen die Abgase. Das skandinavische Land hat sich vorgenommen, dass ab 2025 alle zugelassenen Neufahrzeuge emissionsfrei sein sollen. Wie man das Ziel erreicht, ist allerdings heftig umstritten. Verbieten will man Diesel- und Benziner nicht. Stattdessen soll das Fahren mit Verbrennungsmotor möglichst unattraktiv werden. Als ersten Schritt hat die Regierung im Oktober angekündigt, die Steuern auf Mineralöl und Treibstoff um bis zu 4 Cent pro Liter zu erhöhen. Kritiker bezweifeln jedoch, dass die Maßnahme ausreicht, um den grünen Wandel voranzutreiben.

In Britischen Medien werden die norwegischen und deutschen Vorstöße mit einer Mischung aus Bewunderung und ungläubigem Staunen verfolgt. Zumindest in der Hauptstadt gibt es aber eine Debatte über zunehmende Luftverschmutzung. Londons Bürgermeister Sadiq Khan kündigte im Sommer an, eine Abgas-Maut für ältere Fahrzeuge in der Innenstadt einzuführen. Die Denkfabrik Institute for Public Policy Research forderte gar ein Verbot von Dieselfahrzeugen in der Metropole.

Auch aus der Französischen Hauptstadt Paris sollen alte Fahrzeuge stückweise verbannt werden. Landesweit ist die Diskussion noch nicht angekommen. Frankreich ist allerdings seit dem vergangenen Jahr dabei, die seit langem geltenden Steuervorteile für Dieselfahrzeuge anzugleichen. Energie- und Umweltministerin Ségolène Royal kündigte jüngst an, dass Vorteile für Dieselwagen in Firmenflotten vom kommenden Jahr an auf Benziner ausgedehnt werden. Der Ministerin zufolge gibt es keinen Grund für eine Benachteiligung von Benzinern.

In Italien gibt es derzeit keine größere Debatte über ein mögliches Aus von Benzin- und Dieselfahrzeugen. Die Diskussion dreht sich vor allem darum, wie E-Autos attraktiver gemacht werden können und wie die Zahl der Autos in großen Städten insgesamt reduziert werden kann.

Wenn es nach dem Niederländischen Parlament geht, werden in zehn Jahren nur noch elektrische Autos neu zugelassen. Die Nutzung von Benzin- und Dieselwagen soll dann phasenweise abgebaut werden. Diese im Frühjahr vom Parlament mit Mehrheit angenommene Empfehlung hält die Regierung allerdings für unrealistisch. Sie strebt erst ab 2035 an, keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen. (dpa/rs)

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