Projektmanagement bei Daimler-Chrysler

Straff organisiertes Räderwerk

Ohne die Unterstützung des auf Großprojekte spezialisierten Dienstleisters sd&m hätte der organisatorische Aufbau so nicht stattgefunden. Selbst der Stuttgarter Weltkonzern hatte bis dahin keine Erfahrungen mit einem derart großen IT-Projekt. Von sd&m kam die Idee, ein Chef Design (CD) zu schaffen. Auch hier sitzen jeweils ein Vertreter von IT, Fachseite und Dienstleister. „Das Chef Design war einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Sie müssen zu jedem Zeitpunkt die Übersicht haben“, stellt Hess die Bedeutung heraus.

Die CDs überwachen das Zusammenspiel von Prozess-, Funktions- und Datenintegration in den parallel bearbeiteten Teilprojekten. Bauteile und Modellvarianten wechseln häufig, Länderversionen ändern sich. Fast jedes Auto ist ein Unikat: Im Schnitt rollen nur rund 1,5 identische Autos pro Jahr vom Band. Dies wirkt sich auf Preisermittlung, Logistik, Produktion und Vertrieb aus. All das müssen die Funktionen von GO beherrschen. Außerdem kamen seit 1995 durch die Produktoffensive in der Car Group neue Werke hinzu. „Deswegen müssen die Chef Designer jedes Konzept aus fachlicher und technischer Sicht prüfen“, sagt Rainer Schrapel, Leiter des Kompetenzzentrums Global Ordering und zuständig für die IT im Zentralbereich. Auch er war früher selbst Chef Designer im Projekt.

Bevor die CDs jedoch die erste Version eines Fachkonzepts bekommen, hat die Qualitätssicherung den Entwurf bereits geprüft. Im Qualitätsausschuss sitzen Mitarbeiter aus allen Teilprojekten, die mit dem neuen Softwaremodul in Berührung kommen. Um die Qualität über alle Stufen hinweg zu gewährleisten, richtete Daimler einen Change Control Ausschuss (CCA) ein. Während der über Jahre andauernden Migration existieren alte und neue Landschaft dynamisch nebeneinander, wobei sich Teile in ihnen permanent ändern. „Der Change-Control-Ausschuss muss immer prüfen, wie sich Änderungen an den Systemen auf die Teilprojekte auswirken“, erläutert Schrapel.

1500 Tests in drei Monaten

Stringent hat Daimler auch die Qualitätssicherung in der letzten Phase organisiert. Beim Release im Sommer haben die Tester in den drei Monaten des Integrationstests rund 1500 Fälle an den 3000 neuen Softwarebausteinen geprüft: Sie betrachten Auswirkungen der neuen Software auf nicht veränderte Programme und prüfen die neuen Softwareteile.

Sechs Releases pro Jahr brachten die Testteams allerdings anfangs an den Rand der Belastbarkeit. Die IT-Führung hatte hier das Projekt zu straff organisiert und drosselte daraufhin die Anzahl auf drei bis vier Releases jährlich. Auch legte die IT nach dem ersten Projekt 1995 im Werk Rastatt eine ungeplante Lernphase ein. „Idealtypisch gestaltete Prozess lassen sich in der Realität nicht umsetzen. Man ist in der ersten Phase noch nicht in der Lage, etwaige Sonderfälle zu berücksichtigen“, resümiert Schrapel.

Ende 2008 wollen Hess und Schrapel GO abschließen, bis dahin wollen sie die Planungsprozesse für die Logistik komplett erneuern. Autokäufer im Sindelfinger Kundenzentrum sollen auch künftig nicht merken, welch straff organisiertes Räderwerk die IT in den 15 Tagen zwischen Bestellung und erster Fahrt gedreht hat.

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