Lob der Dummheit

Stupidity Management als Führungsinstrument

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Einen schlichten Ratgeber mit allgemein gültigen Handlungstipps bekommen CIOs von Alvesson und Spicer nicht geliefert. Die beiden Wissenschaftler stellen sich auf die Schultern von Geistesgrößen wie Jürgen Habermas und Michel Foucault, die sich – jeweils aus ausgesprochen kritischer Warte – mit Macht- und Kontrollmechanismen in Organisationen auseinandergesetzt haben. Von dort oben gießen die Autoren der Studie gut gereiften Wein in ein eigenes Modell einer borniertheits-basierten Theorie der Organisation.

3 Management-Instrumente

Darin beschreiben sie zwar die drei zentralen Instrument des empfohlenen Dummheitsmanagements: erstens die Schaffung symbolischer Manipulation durch die Bilder und Selbstbilder, die in Firmen etwa von Marketing- und Personalabteilungen, aber auch von Führung überhaupt geschaffen werden und für ein positives Image der eigenen Organisation und der eigenen Arbeit sorgen; zweitens die Blockierung kommunikativer Aktion; drittens – dieses Mal auf der individuellen Ebene – die Begrenzung der eigenen Reflexivität – also das sich an die kognitive Kandare-Nehmen im Dienste der schlichten Pflichten.

Immer betonen die Autoren aber, dass das alles auch übertrieben und schädlich werden kann. Als Quintessenz lässt sich demnach mitnehmen, dass die Wirklichkeit nicht so hell wissensintensiv und dauerkommunikativ strahlt wie gemeinhin suggeriert. Und dass deshalb ein Griff ins Arsenal des Begrenzens und Sich-Selbst-Beschränkens sinnvoll sein kann und als Machttechnik in der Unternehmensführung dazugehört. In welchem Rahmen das gilt, muss jeweils selbst austariert werden. Alvesson und Spicer wollen vor allem auch weitere Forschungen in diese Richtung anregen.

Dummheit ist toll“, wäre also eine zu verkürzte Zusammenfassung des Essays, der immer ausgewogen bleibt. Vorherrschend sei die Annahme, dass das Zusammenführen von Wissen die Essenz von Organisationen sei, schreiben Alvesson und Spicer im Fazit. Die Huldigung der Schlauheit betone die Bedeutung der kognitiven Ressourcen in Organisationen. „Wir denken, dass diese Annahme nach deutlicher Einschränkung, Nuancierung und Einordnung ruft“, heißt es in der Studie. Sie trägt die Überschrift „A Stupidity-Based Theorie of Organizations“ und kann im Internet gratis abgerufen werden.

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