Systemhaus Im Umbruch

T-Systems häutet sich

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.
Das Jointventure zwischen Deutscher Telekom und Daimler-Chrysler ist in einer Phase zwischen Neubeginn und Scheitern. Auf dem Spiel steht das ehrgeizige Ziel von T-Systems, zum Global Player an der Nahstelle zwischen IT und Telekommunikation zu werden.

Zum 1. Februar 2001 startete das Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Telekom (50,1 Prozent) und des Debis Systemhauses (49,9 Prozent) offiziell. Besonderheit laut Eigenwerbung: die Verbindung von IT und Telekommunikationsservices. In der Firma aufgegangen sind die Diebold Unternehmensberatung sowie die Telekom-Töchter Detecon, Detesystem, T-Nova und T-Systems CSM. Kritiker des Jointventures glauben, dass es noch Jahre dauern wird, die verschiedenen Unternehmenskulturen zusammenzuführen. Unter dem Motto "Create the Future" versucht T-Systems gegenwärtig genau das. Derzeit läuft eine Mitarbeiterbefragung; Arbeitsgruppen, die bei Geschäftsführer Christian Hufnagl, 57, angesiedelt sind, ermitteln die Knackpunkte. Einer davon ist offenkundig - zumindest für die ehemals über 20000 Debis-Leute unter den insgesamt rund 40000 Mitarbeitern: Debis war immer ein dezentrales Unternehmen, die Telekom je- doch ist zentralistisch organisiert. "Eine einheitliche Kultur zu schaffen wird nicht von heute auf morgen gehen", sagt Jürgen Kratz, CIO des jungen Jointventures. Schwund unter den Debis-Mitarbeitern Zu lange sollte das Vorhaben nicht dauern, denn ein IT-Beratungshaus ist nur so gut wie seine Mitarbeiter. Doch schon kurz nach der Mehrheitsbeteiligung an Debis begann die Abwanderungsbewegung der Mitarbeiter. "Wir hatten eine Fluktuation zwischen 14 und 15 Prozent", bestätigt Kratz. Inzwischen liege sie jedoch bei 9,8 Prozent und damit unter dem Marktdurchschnitt. Jedenfalls haben viele gute Leute mittlerweile das Unternehmen verlassen, darunter fast alle Top-Manager der Daimler-Chrysler-Tochter. Der Grund: Bei Debis fühlten sie sich ungerecht behandelt, weil die Telekom ihren Machtanspruch durchsetzen wolle. Die Mehrheitsbeteiligung wurde in Stuttgart als Machtübernahme empfundenen. Zeichen dafür: Mit Karl-Heinz Streibich (IT-Services) hat es nur ein Debis-Chef in die T-Systems-Geschäftsführung geschafft. Gegangen sind der Chef des Jointventures, Konrad Reiss, und Ex-Debis-Chef Karl-Heinz Achinger. Hans-Jürgen Schwerhoff, zuständig für Industriekunden, wechselte zu EDS, Werner Bongartz, Geschäftsführer der Software-Division, heuerte bei Atos Origin an. Kurt Ring, weltweit für Computing Services zuständig, ging vorzeitig in den Ruhestand, ebenso wie Albert Blau, Leiter des Bereichs Systems Integration in Deutschland, und Jürgen Galla, Finanzchef von T-Systems. Zum 30. September verließ Rudolf Gröger, Geschäftsführer für den Vertrieb und das internationale Geschäft, das Unternehmen in Richtung Viag Interkom. Ihm folgte im November T-Systems-CSM-Chef Alexander Röder, der dort neuer CIO wurde. Seit 1. September sitzt ein Mann in der Frankfurter Zentrale, der beide Kulturen kennt und sie miteinander versöhnen könnte. Ex-Telekom- und Ex-Debis-Mann Jan Geldmacher leitet den neuen Bereich Global Communications Services. Er hat einen Teil von Streibichs Aufgaben übernommen und soll "Europas zweitgrößtes Systemhaus für Informationstechnologie" zum Global Player machen. Denn es gibt zwar über zwanzig ausländische Standorte, doch tatsächlich erwirtschaftet die Firma noch 85 Prozent ihres Umsatzes in Deutschland. T-Systems ist neben T-Com, T-Mobile und T-Online die vierte Säule der Telekom. Hier sollen Synergien zwischen den Töchtern genutzt werde, hofft Hufnagl. "Aus den Lösungen für Großprojekte werden so Standardprodukte für den Massenmarkt." Die mitgebrachten Vertragspartner des Debis-Systemhauses halten auch der T-Systems die Treue, versichert das Unternehmen. Das ist erstaunlich, handelt es sich doch um die Telekom-Konkurrenten Debitel, E-Plus und Viag Interkom. "Auch diese Kunden haben die Verträge mit uns verlängert und sind eine längerfristige Bindung eingegangen", sagt Kratz. Rund zehn Milliarden Euro betrug der Umsatz der in T-Systems aufgegangenen Firmen 2000. Ihn gilt es nun zu steigern.

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