Den CDO braucht's nicht

So wählt ein Headhunter einen CIO aus

Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Gute CIOs sind knapp und werden von Unternehmen heiß umworben. Als Headhunter ist Kaan Bludau auf die Vermittlung von IT-Chefs spezialisiert. Wir haben ihn gefragt, worauf es für beide Seiten ankommt.
Kaan Bludau: "Inzwischen haben viele CIOs den Anspruch, direkt an den CEO zu berichten. IT- und Konzernstrategie gehören untrennbar zusammen."
Kaan Bludau: "Inzwischen haben viele CIOs den Anspruch, direkt an den CEO zu berichten. IT- und Konzernstrategie gehören untrennbar zusammen."
Foto: BludauPartners

Fallen wir gleich einmal mit der Tür ins Haus: Worauf achten Unternehmen am meisten, wenn sie eine CIO-Position neu besetzen wollen?

Kaan Bludau: Gute CIOs haben die Persönlichkeit eines Topmanagers und gleichzeitig ein tiefes Verständnis für technische Zusammenhänge. Sie haben ein besonderes Selbstverständnis, wissen Personal zu führen und agieren auf Augenhöhe mit anderen Top-Führungskräften.

Kann jemand, der seine Karriere in der IT gemacht hat, diese Erwartungen erfüllen?

Kaan Bludau: Es gibt solche Ausnahmeerscheinungen, tatsächlich ist aber nicht jeder CIO ein Supermanager und hat eine explizite Ausbildung dafür genossen. Das ist anders als bei einem CEO, der oft über Jahre auf diese Position hin entwickelt wurde.

Würden Sie sagen, CIOs waren früher vornehmlich technisch geprägt und kommen heute zunehmend über ihre wirtschaftlichen Fähigkeiten ins Amt?

Kaan Bludau: Zumindest sind junge CIOs von ihrer Persönlichkeit her heute deutlich weiter als noch vor 15 Jahren. Damals war der IT-Bereich innerhalb der Unternehmensorganisation noch nicht so präsent. IT galt als Kostenfaktor, das musste halt auch irgendwie gemacht werden.

Heute ist die Digitalisierung für Unternehmen eine zwingende Voraussetzung dafür, im Wettbewerb bestehen zu können. Themen wie Cybersicherheit, KI, intelligente Datennutzung etc. sind absolut geschäfts- und zukunftsrelevant. Die Unternehmen haben erkannt: Wenn sie da nicht investieren, werden sie wirtschaftliche Probleme bekommen.

Viele Betriebe haben in den vergangenen Jahren einen Chief Digital Officer (CDO) berufen. War das dann der Fall, wenn der CIO zu tief in der Technik steckte und aufgrund dieser einseitigen Ausrichtung keine guten Antworten für die Digitalisierung des Geschäfts gefunden hat?

Kaan Bludau: Dieser Trend ist aus meiner Sicht schon wieder vorbei, CDOs gibt's kaum noch. Das Digitalthema hat heute jeden Unternehmensbereich erfasst. Bereichs- und Abteilungsleiter, auch alle Vorstände müssen mittlerweile ein Digitalbewusstsein haben. Vor ein paar Jahren wurden CDOs berufen, um genau dieses Digitalbewusstsein übergreifend zu wecken. Das kann heute ein guter CIO. Er ist breit aufgestellt und berücksichtigt all diese Themen. Er kann die Menschen abholen und mitnehmen - genau da lag damals das Problem.

CIOs konnten das Business nicht für einen digitalen Neuanfang begeistern?

Kaan Bludau: Ja. Sie waren oft nicht in der Lage, das gesamte Unternehmen mitzureißen und für die kommenden Herausforderungen fit zu machen. Deshalb hat man einen CDO berufen oder eingestellt, damit jemand in die Fachbereiche geht und diese digital mobilisiert. Heute ist ein CDO schon wieder ein Anachronismus, fast schon etwas lächerlich. Die Unternehmen wissen: Das digitale Engagement muss aus den Fachbereichen kommen, und der CIO ist der, der die Umsetzung vorantreibt.

Das klingt ja richtig gut. Es würde bedeuten, dass deutsche Unternehmen einen gewaltigen Schritt in Sachen Digitalisierung gemacht hätten …

Kaan Bludau: Das ist aber leider nicht so. Deutschland liegt weit hinten, wenn es um die digitale Transformation geht. Eigentlich müsste es für das Management und die Fachbereiche selbstverständlich sein, in allen Richtungen digital aufgestellt zu sein. Das ist aber nicht der Fall. Viele Führungskräfte sind nicht entsprechend ausgebildet. Die Unternehmen haben außerdem ein gewaltiges Fachkräfteproblem, auch im Management. In Bereichen wie KI, Data/Analytics oder Cybersicherheit fehlen einfach Experten.

Ist es überhaupt realistisch, dass ein CIO den vielfältigen Anforderungen gerecht wird? Eine ERP-Suite einzuführen ist etwas völlig anderes als beispielsweise ein IoT-Projekt in der Produktion oder ein Digital-Marketing-Vorhaben, um Beispiele zu nennen. Überall soll der CIO den Hut aufhaben …

Kaan Bludau: Das funktioniert nur, wenn der CIO auf höchster Ebene angesiedelt ist, an den CEO berichtet und idealerweise zum Management-Board gehört. Dann kann er vernünftig priorisieren und gestalten. Bislang war es meistens so, dass der CIO an den Chief Financial Officer (CFO) berichtet hat. IT wurde als Kostenblock gesehen, den es zu kontrollieren galt. Inzwischen haben viele CIOs den Anspruch, direkt an den CEO zu berichten. IT- und Konzernstrategie gehören untrennbar zusammen.

Heute erzeugt Technologie die großen Mehrwerte für ein Unternehmen, sie ist Basis und Fundament sämtlichen Wirtschaftens. Den CIO nur über Kosten zu steuern, führt nicht mehr ans Ziel. Er muss in den Board-Meetings sagen können, was in Sachen Digitalisierung auf allen Ebenen möglich und sinnvoll ist.

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