Studie über Sourcing-Strategien

Unternehmen wollen mehr auf Offshore-Services setzen

Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Eine aktuelle Studie von IDG Business zur Sourcing-Strategie in Unternehmen zeigt ein widersprüchliches Bild: Blicken die 206 befragten IT-Entscheider fünf Jahre in die Zukunft, wollen sie deutlich stärker als heute auf Offshoring setzen. Gegenwärtig vertrauen sie aber meist den Dienstleistern aus dem Inland.

Je näher, desto lieber. Unter diesem Slogan fasst die Studie die derzeitigen Sourcing-Gewohnheiten der Anwenderunternehmen im DACH-Raum zusammen. Die Auslagerung von IT-Services in fremde Kontinente, kurz Offshoring, erscheint vielen Unternehmen noch nicht geheuer. Abgesehen von Softwareentwicklungs-Leistungen, wo indische Anbieter traditionell den Fuß weit in der Tür haben, liegt die Offshore-Quote über alle Outsourcing-Bereiche hinweg unter zehn Prozent. Auch die Auslagerung ins europäische Ausland (Nearshoring) bleibt mit maximal einem Fünftel durchweg hinter den Onshore-Services zurück.

Der Anteil der Offshore-Projekte im vergangenen Jahr ist - mit Ausnahme des Bereichs Softwareentwicklung - gesunken.
Der Anteil der Offshore-Projekte im vergangenen Jahr ist - mit Ausnahme des Bereichs Softwareentwicklung - gesunken.
Foto: Denys Rudyi - Fotolia.com

Aber was wird überhaupt ausgelagert? Wie die Anwenderbefragung ausweist, hat sich über die vergangenen Jahrzehnte wenig geändert: Was strategisch ist, bleibt im Haus. Komplexe und unternehmenskritische IT-Aufgaben vergeben Unternehmen nur selten nach außen. Dazu zählen Services rund um die Produktentwicklung, komplette Geschäftsprozesse sowie Einkauf und Beschaffung. In diesen Bereichen ist allenfalls ein Drittel der Befragten zum Fremdgehen bereit.

Potenziale erst zu zwei Fünfteln genutzt

Deutlich lieber ausgelagert werden der Anwendungsbetrieb, den 62 Prozent der Befragten aus der Hand geben, die Infrastruktur (rund 57 Prozent) und die Entwicklung oder Anpassung von Software (56 Prozent). Laut Studie sind die IT-Verantwortlichen jedoch "in hohem Maße" überzeugt, dass sie in fünf Jahren mehr Aufgaben und in größerem Maßstab auslagern.

Derzeit hält mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer die Sourcing-Potenziale zu höchstens 40 Prozent für ausgeschöpft. Im Jahr zuvor vertraten allerdings noch 58 Prozent diese Auffassung. Im Durchschnitt beträgt der von den Befragten genannte Ausschöpfungsgrad 40,4 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es 35,6 Prozent. Man darf daraus wohl auf eine weiter zunehmende Nutzung der Outsourcing-Angebote schließen.

Zwingen die Kosten zum Offshoring?

Ziel der Auslagerung werden in der nahen Zukunft zunehmend fernere Länder sein, so die befragten Business- und IT-Entscheider. Auch "sensible Themen" werden, wenn man der Studie glauben darf, in fünf Jahren "weit häufiger" von anderen Kontinenten aus bearbeitet, als es derzeit der Fall ist. Als Motivation dafür nennen die Befragten vor allem das Kostenargument, das nach ihrer Ansicht weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Wie die Autoren der Studie herausarbeiten, steht diese Zukunftsvision der Befragten in klarem Widerspruch zur gelebten Praxis. Tatsächlich sei der Anteil der Offshore-Projekte im vergangenen Jahr - mit Ausnahme des Bereichs Softwareentwicklung - nicht nur nicht gewachsen, sondern sogar gesunken. "Menschen lassen sich ungern von ihren Überzeugungen abbringen", so die Marktforscher, "auch nicht von der Realität."

Das Gros der Befragten ist dabei mit den Outsourcing-Leistungen weitgehend zufrieden - vor allem mit den im Heimatland erbrachten. Hier liegt die Beurteilung nach Schulnoten im Durchschnitt bei 2,36. Nur knapp 16 Prozent zeigen sich tendenziell unzufrieden, mehr als 60 Prozent aber zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Bei den Offshoring-Verhältnissen ist der Durchschnittswert um beinahe eine Schulnote schlechter: Er beträgt 3,14.

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