Bargeld-Limit

Vom Für und Wider einer 5000-Euro-Grenze

04.02.2016
Bargeld hilft vor allem Kriminellen - meinen die Befürworter des digitalen Bezahlens. Sie würden Schein und Münze am liebsten ganz abschaffen. So weit will der Bund nicht gehen. Doch allein schon der Gedanke an eine Obergrenze für Barzahlungen erhitzt die Gemüter.
Führt auch Deutschland bald eine Obergrenze für Bargeldzahlungen ein? In der Bundesregierung ist ein Betrag von 5000 Euro im Gespräch. Der Vorstoß entfacht die Debatte über das Für und Wider von Schein und Münze neu.
Führt auch Deutschland bald eine Obergrenze für Bargeldzahlungen ein? In der Bundesregierung ist ein Betrag von 5000 Euro im Gespräch. Der Vorstoß entfacht die Debatte über das Für und Wider von Schein und Münze neu.
Foto: Matthias Pahl - shutterstock.com

Was soll ein Bargeld-Limit bringen?

Kriminelle hätten es schwerer, argumentieren die Befürworter. Schwarzarbeit, Drogengeschäfte, Geldwäsche, Steuerhinterziehung - alles das wäre leichter zu überwachen, müsste es über elektronische Kanäle abgewickelt werden. Bargeld gilt zudem als wichtiges Vehikel für die Terror-Finanzierung. Somit könnte eine Obergrenze für Zahlungen mit Schein und Münze kriminelle Machenschaften eindämmen.

Wie sind die Regelungen in anderen Staaten?

Deutschland wäre in bester Gesellschaft. In zwölf Staaten in Europa gibt es bereits Höchstgrenzen für Bargeldzahlungen. In Spanien etwa gilt seit 2012 bei Barzahlungen eine Obergrenze von 2500 Euro, sofern einer der an einem Geschäft Beteiligten Unternehmer oder Freiberufler ist. Kann der Zahler nachweisen, dass er in Spanien steuerlich nicht veranlagt und kein Unternehmer ist, gilt eine Obergrenze von 15000 Euro. In Italien gilt seit diesem Januar eine Begrenzung von 3000 Euro, zuvor waren es 1000 Euro. Die Anhebung soll Dienstleistungen in der wichtigen Tourismusbranche erleichtern. Kritiker warnen, die höhere Grenze könnte illegale Geldgeschäfte in Italien begünstigen.

Wäre es nicht konsequent, Bargeld gleich ganz abzuschaffen?

Glaubt man Deutsche-Bank-Chef John Cryan, ist Bargeld ohnehin ein Auslaufmodell. "Cash ist fürchterlich teuer und ineffizient", urteilte der Brite beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Immer wieder kursiert auch die Warnung vor Gesundheitsgefahren durch dreckiges Bargeld: Der Kreditkartenanbieter Mastercard etwa führte Studien an, wonach sich auf einer durchschnittlichen europäische Banknote 26000 potenziell gesundheitsschädliche Bakterien tummeln.

Bringt eine Begrenzung den gewünschten Effekt?

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sieht sowohl die 5000-Euro-Grenze als auch den Vorstoß aus der SPD, den 500-Euro-Schein abzuschaffen, um Kriminalität und Geldwäsche einzudämmen, skeptisch. "Glauben Sie, dass kriminelle Handlungen deshalb unterbleiben, weil es den 500-Euro-Schein nicht mehr gibt? Inwieweit ein Verbot von größeren Bargeldtransaktionen illegale Aktivitäten unterbindet, ist ebenfalls eine offene Frage", sagte Deutschlands oberster Währungshüter vor einigen Tagen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Brauchen Kriminelle überhaupt Bargeld für ihre Geschäfte?

"Schlupflöcher - auch in anderen Ländern - wird es immer geben", meint Oliver Hommel, Zahlungsverkehrsexperte bei der Beratungsgesellschaft Accenture. "Wenn Löcher in Deutschland geschlossen werden, sind sie noch nicht weltweit geschlossen." Notwendig wäre zumindest eine einheitliche europäische Lösung - und selbst dann könnten Kriminelle ausweichen.

"Wir sehen, dass digitale Währungen wie Bitcoins im Bereich der organisierten Kriminalität mittlerweile eine gewisse Rolle spielen - auch weil diese sich im Augenblick einer effektiven staatlichen Aufsicht entziehen", erklärt Hommel. So bestellen sich etwa Geldfälscher nach Erkenntnissen der Bundesbank zunehmend Hologramm-Sticker zum Aufpeppen ihrer "Blüten" übers Internet - bezahlt wird mit Bitcoins.

Was würde ein Bargeld-Limit für Verbraucher bedeuten?

"Der Einstieg in den Ausstieg vom Bargeld öffnet das Tor für eine absolute Kontrolle der Verbraucherinnen und Verbraucher", warnt Deutschlands oberster Verbraucherschützer, Klaus Müller. "Wer kauft wann, was, zu welchem Preis, an welchem Ort? In Zeiten von Big Data gibt es keinen besseren Datenschutz als bares Geld." Das Recht auf anonymes Einkaufen müsse berücksichtigt werden.

"Die Diskussion um Obergrenzen für Bargeldzahlungen muss vor diesem Hintergrund mit Augenmaß geführt werden", forderte Müller. Denn dass auch Plastikgeld Risiken birgt, zeigte sich erst kürzlich wieder: Weil Kriminelle versuchten, an Daten von Kreditkarten zu kommen, tauschten mehrere Banken Zehntausende Karten aus. "Hundertprozentige Sicherheit gibt es nirgendwo", konstatierte Visa-Deutschlandchef Albrecht Kiel.

Die Deutschen ganz ohne Bargeld - ist das überhaupt vorstellbar?

Gerade die Deutschen hängen an Schein und Münze. Während etwa Schweden und Dänemark ihren Zahlungsverkehr radikal digitalisieren, zahlen die Menschen in Deutschland nach wie vor vor allem bar: Bei 79 Prozent der Transaktionen, wie die Bundesbank anhand Daten von 2014 errechnet hat. Gut die Hälfte (53 Prozent) der Umsätze im Einzelhandel werden mit Bargeld abgewickelt.

"Ich bin fest davon überzeugt, dass es auch in zehn Jahren noch Bargeld in Deutschland geben wird", sagt Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele. "Ob und wann das Ende für das Bargeld kommt, entscheiden die Kunden", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes HDE, Stefan Genth. Schein und Münzen ganz verbieten will die Bundesregierung auch gar nicht, wie Finanzstaatssekretär Michael Meister (CDU) am Mittwoch versicherte: "Das Bundesfinanzministerium ist der Meinung, es soll auch in Zukunft Bargeld geben." (dpa/rs)

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