Kein Bock auf Brillenschlange

Warum 3-D-Fernseher gekauft, aber nicht genutzt werden

06.11.2012
Von Thomas Kuhn

Immer mehr 3-D-Fernseher werden verkauft

Umso erstaunlicher scheint da, dass die Zahl der verkaufen 3-D-Fernseher - aller geäußerten Zurückhaltung der Zuschauer zum Trotz - kontinuierlich wächst, und zwar ziemlich rasant. Lag der Anteil von 3-D-fähigen Geräten im zweiten Quartal dieses Jahres noch bei gut 20 Prozent aller weltweit verkauften Neugeräte, so wird er im soeben angelaufenen vierten Quartal vermutlich schon deutlich über 25 Prozent liegen. Und besaßen im vergangenen Jahr nur zwei Prozent aller deutschen TV-Haushalte ein entsprechendes Fernsehgerät, so werden es in diesem Jahr wohl schon sechs Prozent sein. Insgesamt wird die Zahl der in Deutschland in diesem Jahr verkauften 3-D-fähigen Fernseher, nach Prognosen des Branchenverbandes gfu, bei rund 3,7 Millionen Geräten liegen. Das wäre mehr als jedes dritte Neugerät.

Markantes Desinteresse und dynamisch wachsendes Geschäft

Markantes Desinteresse und dynamisch wachsendes Geschäft - was auf den ersten Blick nicht zusammen passen will, fügt sich zum Bild, wenn man weiß, dass der technische Aufwand vergleichsweise gering ist, um speziell TV-Geräte der Mittel- und Oberklasse mit 3-D-Technik auszurüsten. Die erforderlichen schnellen Bildschirme mit Bildfrequenzen von 200 Megahertz und mehr, die - im Zusammenspiel mit sogenannten Shutterbrillen, die im Millisekundentakt abwechselnd das linke oder das rechte Auge abdunkeln - die räumlichen Bilder darstellen können, sind in besseren Fernsehern ohnehin verbaut. Leistungsfähige Grafikprozessoren, die die beiden Bilder fürs linke und rechte Bild ebenso schnell aufbereiten können, sind darin ebenfalls längst Standard.

Allenfalls die funk- oder infrarotbasierten Sender zu Steuerung der elektronischen Shutterbrillen braucht es noch als Zusatzbauteil in den High-End-Fernsehern - und die kosten als Elektronikmodul allenfalls ein paar Euro. Größter Kostenpunkt sind da noch die Spezialbrillen. Umso mehr als die bis vor Kurzem noch für jeden Hersteller in vergleichsweise kleinen Serien produziert wurden, weil sich die Branche nicht auf eine einheitlich Shutter-Technik einigen konnte.

Doch auch das ist vorbei. Zum einen weil die TV-Hersteller inzwischen einen gemeinsamen Technikstandard für ihre funkgesteuerten Brillen verabschiedet hat. Und zum anderen, weil Hersteller wie LG oder auch Philips ganz oder teilweise auf die deutlich einfachere und damit billigere Polarisationstechnik setzt. Dabei sorgen statt elektronischen nun optische Filter in den Displays und den Brillen dafür, dass jedes Auge nur die für es bestimmte Bildinformation zu sehen bekommt, und das Hirn so aus den beiden Teilbildern einen räumlichen Eindruck erzeugen kann.

Tatsächlich also erklärt sich das vermeintliche Paradoxon inzwischen so, dass viele Käufer von - speziell - höherwertigen TV-Geräten 3-D-fähige Fernseher kaufen, weil sie die notwendige Bildtechnik ohnehin an Bord haben und nicht, WEIL sie explizit 3-D-Fernseher haben wollen. Insofern löst sich das Henne-Ei-Problem des dreidimensionalen Fernsehens fast unbemerkt von den Zuschauern.

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