Retail IT


Telekom kauft Kundenbewertungen

Warum Web-Communities scheitern

22.11.2010
Von Hartmut  Wiehr
Fingierte Bewertungen hat eine Agentur für die Telekom auf der Seite Einkaufswelt platziert. Der Fall zeigt eine grundsätzliche Schwäche sozialer Plattformen.

Laut einem Bericht des "Spiegel" hat die Web-Seite "Einkaufswelt", die als Teil von T-Online zum Telekom-Konzern gehört, eine Agentur damit beauftragt, fingierte Kundenbewertungen auf der Webseite zu platzieren. Die Agentur hat ihre Aufgabe sehr ernst genommen und offenbar Hunderte solcher "persönlichen" Kommentare in Auftrag gegeben - bei Meistern des Wortes, sprich echten Journalisten. Die Qualifikation des Dienstleisters bestand darin, Erfahrungen darin zu besitzen, wie man „Produktbeschreibungen optimiert".

Das Shopping-Portal "Einkaufswelt" der Telekom-Tochter t-online ist mit gefälschten Kundenbewertungen weit über das Ziel von "Social Networks" hinausgeschossen.
Das Shopping-Portal "Einkaufswelt" der Telekom-Tochter t-online ist mit gefälschten Kundenbewertungen weit über das Ziel von "Social Networks" hinausgeschossen.
Foto: Telekom

Die Telekom selbst hat sich sehr schnell von dem Vorfall distanziert und die Schuld auf den "übereifrigen Dienstleister" geschoben, der autonom gehandelt habe. Mit dieser Reaktion hat der Konzern nicht zum ersten Mal bewiesen, dass das Delegationsprinzip sich auch immer dann auszahlt, wenn mal etwas schiefgeht: Niemand hat dann in solchen Fällen von nichts eine Ahnung. Was Mitarbeiter oder Dienstleister so getrieben haben, war auf jeden Fall nicht von oben angeordnet. Chefs müssen ja auch nicht alles selbst machen und wissen.

Die Moral der Geschichte liegt vielleicht eher in einem allgemeineren Aspekt: Retailer, und besonders jene, die im Web-Commerce vertreten sind, schwören seit einiger Zeit auf "Communities" oder "Social Networks". Konsumenten und solche, die es werden sollen, erhalten Platz für Kontaktaufnahme untereinander oder für Produktbewertungen, um auf diesem Wege die Verkäufe anzukurbeln. Soweit sicher ein legitimes Verfahren im aufblühenden Online-Business.

Dabei sind selbst negative Bewertungen willkommen, erzeugen sie doch auf jeden Fall Aufmerksamkeit für bestimmte Produkte. Und damit dienen auch sie dem Zweck, letztlich Produkt- oder Markenbindung zu erzeugen oder zu unterstützen. Je lebendiger, desto echter und wertvoller, heißt die Devise.

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