Wenn die Arbeit das Leben kontrolliert

Wege aus der falschen Work Life Balance

Meridith Levinson ist Autorin unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.
Andrea König schreibt seit 2008 für CIO.de. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit für die CIO-Redaktion sind Themen rund um Karriere, soziale Netzwerke, die Zukunft der Arbeit und Buchtipps für Manager. Die Arbeit als freie Autorin für verschiedene Redaktionen ist mittlerweile kein Vollzeitjob mehr - hauptberuflich arbeitet sie als PR-Beraterin bei einer Hamburger Kommunikationsagentur.

CIO.de: Viele Menschen sind mächtig stolz darauf, immer und überall ihr Handy dabei zu haben. Sie sind dauererreichbar - im Urlaub, zu Hause und in der Mittagspause. Warum? Und - gibt es an diesem Verhalten etwas auszusetzen?

"Ich liebe Multi-Tasking"

Henry Cloud: Ich habe selbst einen Blackberry. Ohne ihn könnte ich nicht arbeiten, weil ich sehr viel unterwegs bin. Entscheidend ist - betrachten Sie den Blackberry als ein Arbeitswerkzeug oder hat er die Kontrolle über sie und blockiert so die wirklich wichtigen Dinge? Menschen die Dinge wie "Arbeit ist mein Leben" oder "Ich liebe Multi-Tasking" sagen, offenbaren nur einen kleinen Aspekt ihres Lebens. Sie haben eine hohe Mauer konstruiert und werden irgendwann verstehen, dass sie nichts haben außer ihrer Arbeit. Menschen die auf diese Art und Weise arbeiten, zeigen häufig auch Krankheitssymptome wie Beklemmung, Schlafstörungen, Sucht. In meinem Job als Consultant und Psychologe habe ich nicht nur einmal Menschen gesehen, die sehr stolz auf ihre Multitasking-Fähigkeiten waren und schließlich an einer Kneipentheke endeten und sich fragten, warum ihre letzte Beziehung in die Brüche gegangen ist.

CIO.de: Also sagen sie, dass Workaholics mit Arbeit etwas ersetzen möchten, das ihnen in ihrem Leben fehlt?

Henry Cloud: Häufig ist das so. Diese Menschen merken nicht sofort, dass sie auf diese Art vitale Dinge aus ihrem Leben ausschließen. Auf lange Sicht kann diese Ignoranz tödlich sein: Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Krebs. Wenn Arbeit die Kontrolle über unser Leben übernimmt, verlieren wir das wirklich Bedeutende. Der einzige Ausweg ist es, über Folgendes nachzudenken: Was in meinem Leben bedeutet mir am meisten? Und genau mit diesen Dingen verbringt man dann so viel Zeit wie möglich. Damit man sich etwa später nicht als Vater vorwirft, man habe nicht genug Zeit mit seinen Kindern verbracht.

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