Unternehmensführung

Wenn der Boss nicht mehr das Sagen hat

Kourosh Ghaffari arbeitet als Inhaber der gbcc Ghaffari Business Coaching & Consulting nach der A.D.L.E.R-Methode. Außerdem ist er Lehrbeauftragter für Personalmanagement/ Kommunikation bei der Fachhochschule Schmalkalden.

Oder kommt es vor, dass ein Kaufmann auf ein Bestellformular nur "Bürozeug" schreiben würde? Nein, sicher nicht. Er würde immer die genaue Produktbezeichnung, Farbe, Anzahl, Liefertermin etc. angeben. Dann stellt sich aber die Frage, warum so viele Vorgesetzte bei Mitarbeiterthemen auf Allgemeinplätze wie "Wir sollten uns alle mehr anstrengen" zurückgreifen, statt bereits in der Rekrutierungsphase präzise zu sagen, welche Leistung sie genau einkaufen wollen. Warum stellen sie zuvor nicht sicher, dass die Anforderungen realistisch sind und der Mitarbeiter sie durch seine Leistung erreichen kann?

Vertragstreue praktizieren und einfordern

Wer als Unternehmer, Kaufmann oder auch Führungskraft seinen Teil der vertraglichen Vereinbarung einhält, wird sich positiv von der breiten Masse der Arbeitgeber abheben können. Er kann im Gegenzug aber auch viel selbstverständlicher die berechtigten, vertraglichen Erwartungen an seine Mitarbeiter einfordern und bei Nichterfüllung vertragliche Konsequenzen ziehen. Plakativ formuliert: Monetäre Incentives und Entertainment-Pakete sind letztlich Strafzahlungen, die deswegen anfallen, weil Arbeitgeber bei der Regelung der Rechte und Pflichten eine Wischiwaschi-Vereinbarung eingehen!

Operative Entscheidungen werden in der Regel hierarchisch getroffen. Wenn eine Fachkraft in eine leitende Position befördert wird, bekommt sie im Grund zwei neue Hüte aufgesetzt, für die hier als Platzhalter die Begriffe "Manager" (Prozess- und Ressourcenmanagement) und "Führungskraft" (Personalthemen) verwendet werden. Oft aber wird versäumt zu überprüfen, ob die Person Prozesse auch gut managen und Mitarbeiter gut führen kann - oder will. Der Grund: Der Angestellte wurde befördert, weil er als Fachkraft überzeugen konnte oder lange im Unternehmen ist.

Fachkraft ist nicht gleich Führungskraft

Somit übt er in den meisten Fällen auch nach seiner Beförderung die Fachkrafttätigkeit weiter aus, wird aber der Rolle als Manager oder Führungskraft nur unzureichend gerecht. Die Entscheidungen, die er typischerweise als leitender Angestellter trifft, sollen plakativ mit folgendem Dialog zwischen einem Vertriebsmitarbeiter (V) und seinem Abteilungsleiter (AL) verdeutlicht werden:

V: "Das ist mein Reiseantrag für nächste Woche, damit ich den Kunden Firma XY GmbH besuchen kann."

AL: "Ein Kundentermin allein ist nicht ok, denn wir müssen auf unsere Kosten achten. Versuchen Sie noch zusätzliche zu vereinbaren, dann bin ich einverstanden."

Wo ist hier ein echter Mehrwert? Hat der Abteilungsleiter AL nach seiner Beförderung eine Weiterbildung in Controlling oder Ähnlichem genossen, die ihn nun für derartige Entscheidungen qualifizierter macht als Vertriebsmitarbeiter V? Traut man V diese Entscheidung tatsächlich nicht zu, dann ist er wohl fehl am Platz. Andernfalls handelt es sich um eine Verschwendung der knappen und kostbaren Zeit der Mitarbeiter.

Und wie verhält es sich mit Entscheidungen in seiner Funktion als Leitender? Darf er beispielsweise selbst entscheiden, ob er die Mitarbeiterzahl seiner Abteilung aufstockt? Darf er eine Software für seine Abteilung in Auftrag geben? In aller Regel nein, denn das möchte der zuständige Geschäftsführer mitentscheiden.

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