Buch "The Second Machine Age"

Wenn der Computer einem den Job wegnimmt

08.05.2015
Von Christof Kerkmann

Die Ungleichheit wächst

Das muss sich auch auf die Arbeitswelt auswirken. Routine-Aufgaben, die sich automatisieren lassen, kann eines Tages Kollege Computer übernehmen, ob die Lohn- und Gehaltsabrechnung, die Berechnung der Bonität von Kreditkunden, oder Jobs am Fließband in der Fabrik. "Was bleibt, sind Aufgaben, die ungleich mehr Urteilsvermögen, Kompetenz und Vorbildung erfordern" - wer Big-Data-Analysen beherrscht, hat heute einen sicheren Job.

Die Autoren schlagen zwar einen optimistischen Grundton an, aber sie warnen auch, dass die Gesellschaft dadurch auseinanderdriftet: "Gesamtwirtschaftlich sind Produktivität und Einkommen gestiegen - das ist aber wenig tröstlich für alle, die ins Abseits geraten sind." Denn die Digitalisierung macht Jobs überflüssig oder aber drückt aufs Lohnniveau. "Technischer Fortschritt, vor allem bei digitalen Technologien, löst eine beispiellose Umverteilung von Vermögen und Einkommen aus", lautet das Fazit der Autoren im Gegensatz zur Meinung vieler anderer Ökonomen.

Was also tun? Ein Patentrezept haben auch diese beiden renommierten Forscher nicht, aber einige Empfehlungen. Da der Mensch bei der Ideenbildung besser sei als die Maschine, müsse er sich auf diese Aufgaben konzentrieren - am besten im Zusammenspiel mit dem Computer. So könne die künstliche Intelligenz des IBM-Systems Watson, das einst beim Jeopardy gewann, einem Arzt bei der Sichtung von Patientendaten helfen. Auch sensomotorische Aufgaben beherrschen Roboter noch nicht so gut - Köche, Mechaniker und Zahnärzte hätten einen relativ sicheren Job, beruhigen die Experten.

Der Politik empfehlen sie das kleine Einmaleins der Wirtschaftswissenschaften: ein gutes Bildungssystem und Impulse für Start-ups sollen ebenso für die Digitalisierung rüsten wie eine moderne Infrastruktur und eine gezielte Anwerbung von Einwanderern. Viel konkreter wird es nicht. Fazit: "Indem wir unsere Systeme und Denkmodelle möglichst flexibel gestalten, bringen wir uns in die beste Ausgangsposition, um diese Veränderungen zu erkennen und umzusetzen. Die Bereitschaft, aus den Ideen anderer zu lernen und unsere Praxis entsprechend anzupassen - aufgeschlossen zu denken und unsere Systeme zu öffnen - wird entscheidend sein für den Erfolg."

Die beiden Autoren liefern eine packende Beschreibung, was die exponentielle Entwicklung der digitalen Technologie bedeutet. Auch ihre Erläuterungen, warum dadurch sowohl der Wohlstand auch das gesellschaftliche Gefälle wachsen, überzeugen, auch wenn sich der Leser in diesen Abschnitten durch viele Zahlen kämpfen muss. Ein Grundinteresse an der Ökonomie schadet hier nicht. Die Empfehlungen an die Politik geraten indes sehr allgemein - vermutlich geht es nicht anders.

Bleibt nur die Frage an den Verlag: Waren die deutschsprachigen Titel aus? Vermutlich waren den Lektoren bei Plassen schon zu viele Bücher auf dem Markt, die den gängigen deutschen Begriff verwenden - hier ist ja eher von der industriellen Revolution die Rede. (Handelsblatt)

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