Führen nach dem Ampelprinzip

Wer Chef werden will, muss grün ticken

15.11.2012
Von Kristin Schmidt

Mit dieser Normalverteilung vor Augen fällt das Urteil der Vorgesetzten meist anders aus. Denn: "Viele Vorgesetzte bewerten zu positiv, so dass auf einmal 60 Prozent der Angestellten im überdurchschnittlichen Bereich liegen", sagt Walter Jochmann, Mitglied der Geschäftsführung bei der Beratung Kienbaum. "Um dem entgegenzuwirken sind Quoten sinnvoll, so lange sie nicht zu starr sind", sagt er.

Selbst der Betriebsrat von Unilever kann dem Ampelsystem, das ab Januar 2013 auch für die Tarifbeschäftigten in der Produktion eingeführt wird, etwas abgewinnen. Zum Beispiel wenn ein Arbeiter mehrmals im roten Bereich gelandet ist: "Wir sehen früher, welcher Mitarbeiter Probleme hat. Wir können dann versuchen ihm zu helfen, bevor er möglicher Weise ernste Probleme bekommt", sagt Betriebsratschef Herrmann Soggeberg. Außerdem sei das Ampelsystem sehr transparent und auch jemand ohne Studium könne sich fürs Management empfehlen.

Ein offenes System, bei dem jeder weiß wo er steht

Trotz dieser generellen Vorteile kommt es bei der Umsetzung auf die Details an. Der Betriebsrat hat für die Mitarbeiter in der Produktion ein modifiziertes Ampelsystem durchgesetzt, denn manche Mechanismen der Managementebene seien in den Werken nicht praktikabel. So können in größeren Einheiten schon mal 60 Mitarbeiter auf einen Vorgesetzen kommen. Eine detaillierte Bewertung ist dann nicht zu leisten. Das Ampelsystem findet hier keine Anwendung.

Auch von der Normalverteilung will Soggeberg nichts hören. "Ich halte nichts davon, von vorneherein zu sagen, ein bestimmter Teil der Mitarbeiter bleibt hinter den Erwartungen zurück und rutscht damit in den roten Bereich", sagt der Betriebsrat. Seine Führungskräfte sollen sich von diesem Bild befreien, denn es könne erhebliche Folgen haben. "Wir sehen im Management-Bereich, dass dieses System enormen Druck aufbauen kann, wenn der Betroffene permanent im roten Bereich liegt. Meiner Meinung nach sind darauf einzelne Burnout-Fälle in unserem Haus zurückzuführen".

Um solche Fälle zu verhindern, schult Unilever seine Führungskräfte für den Umgang mit den Bewerteten. Auch Jochmann von Kienbaum weiß, dass Kritik nur richtig verpackt fruchtet. "Es bringt nichts seinen Mitarbeitern zusagen, du bist zum zweiten Mal im roten Bereich, du kannst nichts."

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