Bewerbungsverfahren

Wer die Besten will, muss schnell sein

07.10.2013
Von Kristin Schmidt

Unternehmen sollten zügig Rückmeldung geben

Bei Unternehmen sieht das schon anders aus. "Für hochqualifizierte Bewerber sind Auswahlverfahren von zwei Monaten schon zu lange" sagt Kanning. Vor allem in stark nachgefragten Fachrichtungen wie Informatik oder Ingenieurwesen geht es am Arbeitsmarkt blitzschnell. "Ein promovierter Maschinenbauer ist nicht lange arbeitssuchend. Wer die Besten haben will muss auch schnell sein", sagt der Wirtschaftspsychologe.

Das wissen auch die Unternehmen und beteuern die Kandidaten möglichst zeitnah auszuwählen. Bei BASF zum Beispiel heißt es, dass eine schnelle Rückmeldung im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter ein entscheidender Erfolgsfaktor sei. Doch der gute Vorsatz scheint nicht immer eingehalten zu werden. Ein Blick auf das Arbeitgeberbewertungsportal Kununu zeigt, dass die Meinungen zu den Bewerbungsverfahren weit auseinander gehen. Während der eine User das Prozedere beim Chemieriesen einfach nur mit einem "So führt man Bewerbungsgespräche!" und 4,6 von fünf möglich Punkten bewertet, ärgern sich andere über die Dauer des Prozesses. Ein Nutzer behauptet: "Bei der Bewerbung habe ich ständig das Gefühl gehabt - mein Mitbewerber muss seine Probezeit überstehen, bevor BASF sich traut eine Absage zuzuschicken." Sechs Monate hätte die Auswahl gedauert.

Viel mehr als die Dauer des Bewerbungsprozesses scheint es Kandidaten zu ärgern, wenn sie Wochen oder gar Monate keine Rückmeldung erhalten und auf Nachfragen gar nicht oder vertröstend reagiert wird. "Unternehmen sollten die Bewerber immer auf dem Laufenden halten, wie es weitergeht und den Zeitplan dann auch einhalten", sagt Wirtschaftspsychologe Kanning. Auf der Homepage vom Telekommunikationsunternehmen Vodafone beispielsweise werden Bearbeitungszeiträume bereits angekündigt. "Etwa zwei Wochen nach Bewerbungsschluss sollte klar sein, wer in die nächste Runde kommt und wer nicht", sagt Kanning. Halten Unternehmen Fristen im Bewerbungsprozess nicht ein oder ist der zeitliche Ablauf intransparent, wirkt das auf Bewerber unprofessionell. Gerade für Mittelständler, über die die Bewerber weniger wissen als über die großen Konzerne, ist ein schlechtes Bewerbungsverfahren gefährlich. Denn die Kandidaten schließen von der Qualität des Prozesses auf das Unternehmen als Arbeitgeber. Fragen der Verlässlichkeit, der Wertschätzung und der Professionalität beantworten sich die Bewerber so indirekt selbst.

Einen Einblick ins Unternehmen hält auch die Deutsche Bahn für wichtig. "Mehrere persönliche Kontakte ermöglichen es beiden Seiten, einen Eindruck von einander zu erhalten", heißt es bei der Deutschen Bahn. Bewerber interessierten die Unternehmenskultur, der Chef und das Team. Um eine Traineestelle bei der Deutschen Bahn zu ergattern, müssen Kandidaten ein Telefoninterview, ein Assessement-Center und ein Vorstellungsgespräch meistern.

Überhaupt sind oftmals die Auswahlverfahren für Traineestellen sehr ausgiebig. "Die Berufseinsteiger werden als die Führungskräfte von morgen gesehen", begründet Kanning den Aufwand. Assessment-Center sind hierbei häufig fester Bestandteil des Prozesses.

Je weiter oben in der Hierarchie die zu besetzende Position angesiedelt ist, desto seltener ist ein solcher Auswahltag mit Gruppendiskussionen und Rollenspielen. "Manager sehen es oft nicht ein, sich mit ihrer Erfahrung einem Assessment-Center zu unterziehen", sagt Jan Müller vom Spezialisten für Personalbeschaffung Futurestep. "Interessiert sich ein Unternehmen für sie, erwarten sie eine individuellere Behandlung."

(Quelle: Wirtschaftswoche)

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