Bosch-Geschäftsführer Kübel

"Wer zehn Stunden im Büro ist, muss nicht der Leistungsstärkere sein"

Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Was bedeutet maximaler Freiraum für IT-Mitarbeiter?

Christoph Kübel: Wir bekennen uns zu einer flexiblen und familienbewussten Arbeitskultur, in der mobiles Arbeiten einen hohen Stellenwert hat. Das liegt auch bei IT-Spezialisten hoch im Kurs. Die meisten Mitarbeiter in Deutschland können Arbeitsort und -zeit selbst festlegen, sofern es ihre Aufgabe zulässt - egal ob zu Hause, im Zug oder Café. Es steht die Ergebnisorientierung im Mittelpunkt, so dass es keine Rolle spielt, von welchem Ort aus die Mitarbeiter arbeiten.

Mobiles Arbeiten

Es hat sich so eingespielt, dass viele Mitarbeiter im Schnitt rund einen Tag von zuhause aus arbeiten. Dass doch die meiste Zeit in Büros gearbeitet wird, kann an der attraktiven Büroumgebung liegen, aber auch daran, dass die persönliche Kommunikation eine zentrale Rolle spielt. Mobiles Arbeiten geht für deutlich mehr Bereiche, als man auf den ersten Blick annimmt. Auch in der Fertigung gibt es schon erste Ansätze.

Mobiles Arbeiten hat bei Bosch einen hohen Stellenwert.
Mobiles Arbeiten hat bei Bosch einen hohen Stellenwert.
Foto: Robert Bosch GmbH

Wie gehen die Führungskräfte mit der veränderten Arbeitskultur um?

Christoph Kübel: Auch für die Führungskräfte war es eine längere Reise. Ich selbst bin seit 30 Jahren Führungskraft und in einer Präsenzkultur groß geworden: Man kam morgens möglichst früh ins Büro und verließ es erst wieder möglichst spät. Heute sind wir der Überzeugung, dass Anwesenheit und Ergebnisse nicht direkt etwas miteinander gemein haben. Wer zehn Stunden im Büro ist, muss nicht besser sein als sein Kollege, der in sieben Stunden extrem effizient arbeitet. Das heißt nur, dass er vielleicht ausdauernder, aber nicht zwingend der Leistungsstärkere ist.

Gehen flexibles Arbeiten und Führung im klassischen Sinn zusammen?

Christoph Kübel: Mittlerweile schon. Anfangs war es für viele Vorgesetzte und auch für mich ein Lernfeld: Ich sehe meine Mitarbeiter nicht, wie soll ich sie steuern? Wir haben bereits früh verschiedene Programme für Führungskräfte initiiert, um flexibles Arbeiten selbst auszuprobieren. So haben wir 2011 ein Pilotprogramm für Führungskräfte gestartet, die mindestens einen halben Tag pro Woche nicht an ihrem Arbeitsplatz verbrachten. Viele haben das Modell im Anschluss beibehalten und standen den Wünschen der Mitarbeiter nach Home Office offen gegenüber. Führungskräfte konnten als Vorbilder so helfen, Vorbehalte abzubauen. Anfangs starteten wir mit 200 Führungskräften, heute ist das Arbeitsmodell in der Breite etabliert.

Welche Veränderungen zieht die digitalisierte Arbeitswelt bei Ihnen nach sich?

Christoph Kübel: Digitalisierung ist für uns nicht neu, wir gestalten sie vielmehr aktiv mit - etwa mit der Vernetzung von Produkten und Lösungen über das Internet der Dinge. Das erfordert immer mehr Zusammenarbeit über Fachdisziplinen und Geschäftsbereiche hinweg. Dazu fördern wir bereichsübergreifende, hierarchiefreie Teamarbeit. Das verändert Führung. Heute muss ein Vorgesetzter eher ein Leader sein, der seinen Mitarbeiter mehr selbst bestimmen lässt und weniger kontrolliert. Oft gilt es auch, etwas auszuprobieren statt nur zu planen. Andererseits erfordert mehr Selbstbestimmung auch mehr Eigenverantwortung, stärkere Entscheidungsfähigkeit und Selbstorganisation der Mitarbeiter.

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