Manager in der Krise

Wie Führungskräfte sich selbst zerstören

10.08.2009
Von Eva Buchhorn, Klaus Werle und Michael  Machatschke

Sie reden vielleicht vom Sparen, meinen aber immer nur die anderen. Sie selbst absolvieren Flüge grundsätzlich im Privatjet, als gäbe es keinen öffentlichen Flugverkehr. Und damit auch in der Ferne der Auftritt standesgemäß ausfällt, wird der Fahrer mit der eigenen Limousine vorausgeschickt, und wenn es 1000 Kilometer sind. Sie schanzen einander in verteilten Rollen - mal als Aufsichtsrat, mal als Vorstand - Gehälter zu, die noch vor wenigen Jahren in Deutschland undenkbar schienen. Sie suggerieren mit ihrem ganzen Verhalten eine Distanz zum Rest der Belegschaft, die jedem Teamgeist zuwiderläuft, von Vorbildcharakter gar nicht zu reden.

Streit um Boni: "Extrem legalistisches Grundverständnis"

Fassungslos registriert die Öffentlichkeit, wie selbst offensichtlich gescheiterte Topkräfte noch um einen möglichst teuren Abgang pokern. Da nimmt Arcandor-Chef Thomas Middelhoff (55) zum Abschied neben seinem Grundgehalt von 1,2 Millionen Euro noch 2,2 Millionen Euro mit, als "Bonus, Tantieme und Sondervergütung" deklariert - und das, obwohl der Konzern 2008 einen Verlust von 746 Millionen Euro produzierte.

"Was vielen abhanden gekommen ist, das ist die Haltung: So etwas tut man nicht", rügte Bundespräsident Horst Köhler in seiner jüngsten Berliner Rede. Eine Klage, die viele der Gemeinten gar nicht erreicht. Sie leben längst in ihrer eigenen Welt. Die hält vor allem eines bereit: billige Rechtfertigungen für Millionensaläre und überreichliche Pensionen.

Erstes Argument: Vertrag ist Vertrag. Der Bonner Unternehmensberater Hermann Simon sieht die Gescholtenen sehr wohl in der Realität verhaftet. Sie hätten nur "ein extrem legalistisches Grundverständnis". Erlaubt ist, was nicht verboten wurde. So kommt es, dass Ex-RWE-Chef Harry Roels (60) ruhigen Gewissens noch vor dem ersten Handschlag 1,5 Millionen Euro Antrittsgeld reklamierte oder der damalige Postbank-Chef Wolfgang Klein (45) eine Halteprämie einstrich, weil er im Zuge des Verkaufs seines Geldhauses an die Deutsche Bank "nächtelang und an Wochenenden" arbeiten musste.

Zweites Argument: Jemand anders verdient immer noch mehr, soll sich die Empörung doch an ihm abarbeiten. Haben nicht bejubelte Manager-Ikonen wie Ex-General-Electric-Boss Jack Welch vorgelebt, dass hohe Ziele und überhohe Vorstandsbezüge zwingend zusammengehören? In kleiner Runde prahlte Welch einmal, selbst nach seiner Pensionierung komme General Electric - zusätzlich zum Ruhegehalt - für praktisch alles auf, was er zum Leben benötige, "sogar für meine Zahnbürste".

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