Architektur für Bimodale IT

Wie man traditionelle und agile IT verbindet

06.11.2015
Von   , Christoph Wagner und Marco Scharnetzke
Stefan Pechardscheck schreibt als Experte zum Thema IT Strategy & Governance. Er ist Partner bei der Management- und Technologieberatung BearingPoint und verantwortet dort das Thema Technology Advisory.
Bimodale IT-Organisation erfüllen die Anforderungen digitaler Geschäftsmodelle hinsichtlich Flexibilität, Time-to-Market und Innovation. EAM (Enterprise Architecture Management) hilft dabei, traditionelle und agile IT miteinander zu harmonisieren.
  • Bei der bimodalen IT unterscheidet Gartner die IT-Organisation in Mode 1, dem klassischen IT-Planungs- und Arbeitsmodus, sowie Mode 2, dem agilen Modus
  • Die meisten IT-Organisationen scheitern an der Festlegung der IT-Prozesse und Verantwortlichkeiten im Übergang von traditioneller und agiler IT hin zu einer bimodalen IT
  • Enterprise Architecture Management (EAM) ist die Schlüsselkompetenz um die Transformationen der Digitalisierung erfolgreich meistern zu können
  • 5 zentrale Maßnahmen sind nötig, um EAM als Bindeglied zwischen traditioneller und agiler IT zu etablieren

Digitale Geschäftsmodelle erfordern neben Flexibilität, eine adaptive Time-to-Market-Strategie sowie ein kontinuierliches Innovationsklima. Basierend auf diesen zentralen Geschäftsanforderungen identifizierte BearingPoint Frequenz, Volumen, Technologie und Reaktivität als Treiber für die digitale Transformation in Unternehmen, und als wesentliche Stellschrauben innerhalb des IT-Betriebsmodells.

Dadurch werden die IT-Herausforderungen der traditionellen IT bestehend aus Service-Kontinuität, Kostenoptimierung und Effizienz ergänzt um Agilität, Mehrwert und Innovation. Die Agilität der IT wird somit zum zentralen Erfolgsfaktor für Unternehmen, in der digitalen Welt zu bestehen.

Abbildung 1: Agilität und Servicekontinuität als zentrale IT-Herausforderungen
Abbildung 1: Agilität und Servicekontinuität als zentrale IT-Herausforderungen
Foto: Bearingpoint

Digitale Ökosysteme brauchen agile IT-Organisationen

Den Sprung von der klassischen linearen Wertschöpfungskette hin zu einem digitalen Ökosystem wird Unternehmen nur gelingen, wenn sie es schaffen parallel zu ihrem linearen Geschäftsmodell ein digitales Ökosystem mit differenzierten Geschäftsmodellen innerhalb einer zentralen digitalen IT-Plattform anzubieten. BearingPoint hat hierfür den Begriff Digital Ecosystem Management als neue IT-Management-Disziplin geprägt.

Dabei definiert Digital Ecosystem Management die proaktive Koordination einer Gemeinschaft von Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten, Partnern, Erfindern und anderer zur Entwicklung innovativer, neuer Lösungen für einen bestimmten Markt oder verschiedene Märkte unter Anwendung digitaler Technologien und einer Plattformökonomie.

Abbildung 2: Lineare Wertschöpfungskette versus digitales Ökosystem
Abbildung 2: Lineare Wertschöpfungskette versus digitales Ökosystem
Foto: Bearingpoint

Durch das Modell des Digital Ecosystem Managements ergeben sich IT-organisatorische Spezifika, die so in der Welt der linearen Geschäftsmodelle nicht berücksichtigt werden. Um diese Herausforderungen zu meistern, sind strukturelle Änderungen innerhalb der IT-Organisation erforderlich, um die Agilität der IT zu gewährleisten.

Jüngst hat Gartner mit der Vorstellung einer bimodalen IT-Organisation das Thema Agilität und Flexibilität in der IT aufgegriffen und ein konkretes High-Level-Organisationsmuster entworfen, das die Themenkomplexe der digitalen IT-Transformation adressiert. Laut Gartner ist zum Betrieb eines Digitalen Ökosystems eine bimodale IT-Organisation bestehend aus traditioneller und agiler IT notwendig.

Bimodale IT-Organisationen verbinden traditionelle und agile IT-Prozesse

Bei der bimodalen IT unterscheidet Gartner die IT-Organisation in Mode 1, dem klassischen IT-Planungs- und Arbeitsmodus (traditionelle IT), und Mode 2, dem agilen und flexiblen Modus (zum Beispiel bei Innovationsprojekten für mobile Endgeräte).

Mode 1 hat das primäre Ziel der Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit, ist Plan-getrieben auf Zustimmungsbasis und führt typischerweise klassische Projekte durch, die IT-zentriert sind und lange Zyklen aufweisen.

Mode 2 will primär die Agilität vorantreiben. Dies geschieht durch kontinuierliche Verbesserung und Erweiterung (im Gegensatz zu klassischen IT-Projektvorgehensmodellen) unter Einsatz agiler Software-Entwicklungsansätze, wie zum Beispiel Scrum und Kanban, die zu kurzen Durchlaufzyklen führen. Im Mode 2 stehen das Geschäftsmodell und der Endkunde stärker im Fokus (nicht streng IT-zentriert) und der Wert zeichnet sich durch positive Auswirkungen auf die Marke und das Kundenerlebnis aus.

Abbildung 3: Beispiele für bimodale IT-Organisationen
Abbildung 3: Beispiele für bimodale IT-Organisationen
Foto: Bearingpoint

Die meisten IT-Organisationen scheitern an der Festlegung der IT-Prozesse und Verantwortlichkeiten im Übergang von traditioneller bzw. agiler IT hin zu einer bimodalen IT. Mode 1 und Mode 2 stehen aber nicht getrennt voneinander. Mode 1 bildet mit den klassischen Infrastrukturen die Basis für die Arbeit, die in Mode 2 verrichtet wird.

Es besteht also in Zukunft höherer Abstimmungsbedarf in Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen oder Ökosystemen. So bietet sich die Möglichkeit per zentraler Plattform, Mode 2 gelegentlich von externen Dienstleistern (beispielsweise App-Entwicklern) aktiv zu schalten, denn Mode 2 muss nicht zwingend vollständig innerhalb der eigenen IT-Organisation vorhanden sein. Der erhöhte Abstimmungsbedarf heißt im Umkehrschluss, dass in einer Demand-Supply IT-Organisation EAM (Enterprise Architecture Management) als IT-Management Disziplin eine noch größere Rolle zukommt.

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