Strategien


Digitale Transformation der BMW Group

"Wir lösen uns von starren Hierarchien"

Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Im Exklusivinterview verrät Jens Monsees, Leiter Strategie Digitalisierung, wie die BMW Group die digitale Transformation angeht.

Das Kerngeschäft der etablierten Automobilhersteller wird zunehmend durch neue Player bedroht, die zum Teil aus ganz anderen Branchen kommen. Google und Uber sind nur zwei prominente Beispiele. Einige Kritiker warnen schon, die klassischen OEMs könnten durch die disruptiven Veränderungen am Ende zu bloßen Hardwarelieferanten degradiert werden. Haben die deutschen Autobauer die Digitalisierung verschlafen?

"Es genügt nicht, für das autonome Fahren einfach eine Box aufs Dach zu schrauben", sagt Jens Monsees, der die Digitalisierungsstrategie der BMW Group verantwortet.
"Es genügt nicht, für das autonome Fahren einfach eine Box aufs Dach zu schrauben", sagt Jens Monsees, der die Digitalisierungsstrategie der BMW Group verantwortet.
Foto: BMW Group

Jens Monsees: Das sehe ich nicht so. Erstens haben wir ja eine ganze Menge Kompetenzen, etwa im Bereich Design. Zweitens ist das Bauen von Autos ein hochkomplexer Prozess und man hat in jüngster Zeit gesehen, dass sich Firmen, die nicht aus der Automobilbranche stammen, damit durchaus schwertun. Natürlich kommen jetzt neue Wettbewerber mit IT-Kompetenz in den Markt. Aber: Das Rennen ist noch offen. Digitale Dienste und Softwarelösungen im Auto erfordern eine Tiefenintegration ins Fahrzeug. Es genügt beispielsweise nicht, für das autonome Fahren einfach eine Box aufs Dach zu schrauben. Diese Systeme müssen in zentrale Fahrzeugfunktionen eingebettet werden. Das können die klassischen OEMs, allen voran BMW, sehr gut.

Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten von Uber und Google beim autonomen Fahren ein?

Jens Monsees: Wenn man sich vorstellt, wie der sogenannte On-Demand-Markt mit autonomen Fahrzeugen in der Praxis funktionieren soll, sind doch einige grundlegende Fragen zu beantworten. Bei Uber oder Lyft bringt ein Fahrer heute sein Fahrzeug mit, er sorgt für die Wartung, die Sicherheit, die Sauberkeit. Wer stellt diese Assets künftig für autonome Fahrzeuge bereit? Irgendjemand muss die ganze Flotte managen.

Nach Ihrer Vorstellung sollte das der Fahrzeughersteller übernehmen?

Jens Monsees: Das ist eine Option. Ein anderer Aspekt ist der Datenraum, sprich die anfallende Datenmenge in einem solchen Demand-Mobility-Konzept. Wir haben festgestellt, dass diese Daten zu 80 bis 90 Prozent identisch sind mit denen, die im Bereich autonomes Fahren entstehen. Wenn wir das autonome Fahren beherrschen, werden die Karten neu gemischt und es ergeben sich auf Basis dieser Datenbestände für uns viele neue Geschäftschancen. Das betrifft nicht nur das klassische Ownership-Modell, in dem wir Autos verkaufen, sondern auch Flottenmodelle. Wir können Flotte. Und wir können auch die Wartung vor Ort sicherstellen, weil wir in jeder größeren Stadt durch unser Händlernetzwerk vertreten sind. Hier lassen sich Services wie Reinigung oder Wartungsdienste erbringen. Die neuen Mobilitätsdienstleister müssen diese Infrastruktur erst aufbauen.

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