Kriminalitätsstudie

Wirtschaftsbetrug durch IT steigt massiv

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Jedes zweite Unternehmen weltweit plant umfangreichere Ausgaben für IT-Sicherheit als bisher. Kein Wunder, denn Datendiebstahl ist mittlerweile das größte Risiko überhaupt, hinter dem kriminelle Energie steckt. Das berichtet Kroll in seiner jährlichen Studie über Wirtschaftsbetrug.

Fälle wie Bernie Madoff können Unternehmen in Angst und Schrecken versetzen. Um 50 Milliarden US-Dollar prellte der ehemalige Finanzmakler seine Anleger und wurde im vergangenen Jahr in den USA in einem schlagzeilenträchtigen Prozess zu 150 Jahren Haft verurteilt. Derlei Machenschaften können Firmen ausbluten lassen. Da klingt eine Bemerkung im neuen Kriminalitätsreport von Kroll doch ganz tröstlich: „Die erfolgreichsten Parasiten töten ihre Wirte nicht, sondern leben von ihnen.“

Die Risikomanagement-Berater setzen sich in der vom Economist Intelligence Unit durchgeführten Studie mit Wirtschaftsbetrug auseinander, der so breit wie möglich definiert ist. 88 Prozent der weltweit befragten Unternehmen wurden im vergangenen Jahr Opfer von Verbrechen – in der Regel nicht auf die spektakuläre Madoff-Art, sondern in kleinerem Umfang. Insgesamt mussten die Firmen einen Schaden von 1,7 Milliarden US-Dollar hinnehmen – ein Fünftel mehr als im vergangenen Jahr.

Für CIOs ist der Befund von höchstem Interesse, weil die IT mittlerweile die verwundbarste Flanke im Wirtschaftsleben darstellt. Diebstahl von Informationen ist erstmals die am weitesten verbreitete Form von Verbrechen gegen Unternehmen. Ebenfalls zum ersten Mal habe es in diesem Jahr mehr Datenklau als Diebstahl von physischen Gegenständen gegeben, berichtet Kroll. 27,3 Prozent der Unternehmen wurden 2010 Opfer von Datendiebstahl, Datenverlust oder Angriffen auf ihr geistiges Eigentum. Im vergangenen Jahr waren es lediglich 18 Prozent. Demgegenüber sank der Anteil im Bereich gewöhnlichen Diebstahls von 28 auf 27,2 Prozent.

Diese Daten sind umso aufschlussreicher, wenn man sie im Kontext betrachtet. Denn Datenklau spielt mittlerweile eine wesentlich größere Rolle als andere Formen von Wirtschaftskriminalität: Unter finanziellem Missmanagement litten beispielsweise lediglich 13 Prozent der Befragten, unter Compliance-Verstößen 12 Prozent, unter Korruption und Bestechung 10 Prozent und unter Geldwäsche 6 Prozent.

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