Business Intelligence

Wo Datenverarbeitung in Echtzeit sinnvoll ist

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Faktor 1: Zeit

Zumindest in Teilen haben die Firmen ihre Aufgaben bereits gelöst, lobt Arnold Picot, Lehrstuhlinhaber am Institut für Information, Organisation und Management an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. "Was sich Unternehmen früher im Umfeld von Realtime nicht auszumalen wagten, ist heute schon weitgehend zur Normalität geworden." Gerade in B2C-Märkten sei es gang und gäbe, Informationen in Echtzeit zu erhalten und schnell darauf zu reagieren. Picot nennt als Beispiel das Einspielen kontextbezogener Werbung im Internet. Doch auch firmenintern sei ein Trend zu beobachten, Prozesse realtime auszurichten, beispielsweise in der Produktion durch die Verwendung von RFID-Tags oder den verstärkten Einsatz von Sensoren. Zudem nähere sich beispielsweise in der Logistik die Filialsteuerung einem Realtime-ähnlichen Modus an. Über moderne Scanner-Kassen im HandelHandel würden die Lieferanten laufend darüber informiert, welche Waren verkauft werden, und könnten dementsprechend den Nachschub organisieren. Top-Firmen der Branche Handel

Manager müssen schnell reagieren

"Der zeitliche Abstand zwischen dem Entstehen einer Information und der Reaktion darauf sollte möglichst gering sein, sagt Arnold Picot, Professor an der LMU München.
"Der zeitliche Abstand zwischen dem Entstehen einer Information und der Reaktion darauf sollte möglichst gering sein, sagt Arnold Picot, Professor an der LMU München.
Foto: LMU München

"Wir sehen viele Tendenzen, die stark in Richtung Realtime gehen", lautet die Bilanz von Picot. Das sei auch sinnvoll: "Grundsätzlich sollte der zeitliche Abstand zwischen dem Entstehen einer Information und der Reaktion darauf möglichst gering sein." Früher hätten die Verantwortlichen in den Unternehmen wichtige Zahlen erst mit großer Verzögerung zu Gesicht bekommen und damit erst spät erkennen können, in welchen Bereichen etwas schieflief. Liegen solche Zahlen zeitnah vor, kann das Management deutlich schneller reagieren und gegensteuern.

"Es ist aber nicht so, dass Unternehmen per se über alle Prozesse und Unternehmensbereiche hinweg realtime agieren müssen", schränkt Alexander Martin, Principal bei A.T. Kearney, ein. Ausgangspunkt müssten die Fragestellungen sein, die die Verantwortlichen gelöst haben möchten. Dafür gelte es zu überlegen, welche Daten notwendig seien - von jetzt, von gestern oder von vor einem Monat? "Es gibt Fälle, in denen Daten von gestern, wie man sie aus den allseits bekannten Batch-Prozessen kennt, völlig ausreichen", sagt Martin.

Realtime muss man erst lernen

Damit Realtime funktioniert, müssen verschiedene Rädchen innerhalb der Firmenabläufe passgenau ineinandergreifen, mahnt Picot. "Schnelligkeit in der technischen Informationserfassung und -verbreitung alleine bringt nichts, wenn man das nicht mit den entsprechenden Management-Prozessen verknüpft und in Einklang bringt." Das erfordere ein Umdenken. Viele Prozesse seien über die Jahre gewachsen und hätten sich eingeschliffen. Reaktionsfreudigkeit, Agilität und Flexibilität müssten Unternehmen deshalb auch erst lernen. "Realtime erhöht die Intensität" - Picot zufolge sind Mitarbeiter in aller Regel aus der Vergangenheit langsamere Reaktionen gewohnt. Sie müssten außerdem erst lernen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden: "Nicht jede kleine Veränderung, die die Systeme anzeigen, ist wichtig."

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