SAP-Anwendern reicht's

Zerstörtes Vertrauen zu SAP

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.
Deutsche und österreichische Bestandskunden müssen zwar jetzt doch nicht den umstrittenen Enterprise Support in Anspruch nehmen. Nach massiven Protesten hat SAP ihnen bis 2010 die alten Wartungsgebühren zugesichert. Doch das Vertrauen zum Partner SAP ist zerstört.
Erwin Pignitter, Senior Vice President Information Management, MTU Aero Engines GmbH, München. Der Triebwerkshersteller MTU nutzt SAP seit über zehn Jahren als strategische Plattform. MTU schaffte 2007 einen Umsatz von knapp 2,6 Milliarden Euro.
Erwin Pignitter, Senior Vice President Information Management, MTU Aero Engines GmbH, München. Der Triebwerkshersteller MTU nutzt SAP seit über zehn Jahren als strategische Plattform. MTU schaffte 2007 einen Umsatz von knapp 2,6 Milliarden Euro.

Das zurückliegende Jahr verlief ausgesprochen bescheiden für die deutschen Kunden des Software-Konzerns SAPSAP - vielen machte die Wirtschaftskrise einen Strich durch die Bilanz, und auch ihre IT-Budgets sind unter Druck geraten. Letzteres von ungewohnter Seite, denn im Juli war ihr Hoflieferant mit dem Ansinnen an sie herangetreten, die Wartungsgebühren sukzessive von 17 auf 22 Prozent zu erhöhen. Fünf Prozentpunkte mehr sind immerhin ein Anstieg um knapp 30 Prozent, wenn auch über vier Jahre. "Wir fragen uns allerdings, ob es noch weitere Schritte geben könnte", sagt Erwin Pignitter, CIO der Münchner MTU Aero Engines GmbHMTU Aero Engines GmbH und Freund klarer Worte. Den Brief von SAP-Chef Léo Apotheker an die Kunden betrachtet er als "Startschuss dafür, über Alternativen nachdenken zu müssen". Top-500-Firmenprofil für MTU Aero Engines GmbH Alles zu SAP auf CIO.de

SAP wird zum Luxus

Auch Monate nach der angekündigten Preissteigerung hat sich der Unmut unter den SAP-Kunden nicht gelegt, im Gegenteil. Zwar behauptet der Lieferant gebetsmühlenartig, die Anwender würden den Vorteil des künftig vorgeschriebenen Enterprise Supports zu schätzen wissen und die Änderungskündigungen unterschreiben. Die Realität außerhalb Walldorfs sieht jedoch anders aus. "Können wir uns SAP auf lange Sicht noch leisten?", fragt sich nicht nur Clemens Keil, CIO der Knorr-Bremse AGKnorr-Bremse AG. Der Manager zieht nach den turbulenten Monaten eine wenig schmeichelhafte Zwischenbilanz seiner jüngsten Erfahrungen mit dem Software-Haus: "Unsere Kunden behandeln uns in der Regel freundlicher als dieser Lieferant." Top-500-Firmenprofil für Knorr-Bremse AG

SAP-Wartung: Ohne Alternative.
SAP-Wartung: Ohne Alternative.

"Dieser Lieferant" und sein Geschäftsgebaren standen im Mittelpunkt eines "CIO"-Roundtables Ende November in München. Das Fazit fiel differenziert, aber letztlich unmissverständlich aus: "Ich empfinde es als Vertrauensbruch einer guten Partnerschaft, die über Jahrzehnte geherrscht hat", resümiert Thomas Ochs, CIO der Firma Villeroy & Boch. "Wir fühlen uns nicht mehr als Partner behandelt", berichtet Wolfgang Heizmann, CIO der Tognum AG. Und Fred Schmidt von Epcos - bislang durchaus zufrieden mit seinem SAP-Support - fühlt sich "hintergangen", denn "mit der Erhöhung des Grundpreises für die Wartung wird vieles wieder kaputt gemacht, was wir in den vergangenen Jahren an Kostensenkungen erreicht haben."

Akut bedroht ist vor allem das über Jahre gewachsene und beiderseitig gepflegte Verhältnis von SAP zu seinen Kunden auf dem Heimatmarkt: die Partnerschaft, für Villeroy-CIO Ochs schon "fast eine Symbiose" und Grundlage der einstigen Erfolge des Software-Herstellers. Der Manager sieht eine primäre Herausforderung darin, die IT- sowie die SAP-Standardisierung im eigenen Konzern entsprechend positionieren zu können. "Wozu brauche ich dafür einen Partner, auf den ich mich nicht mehr verlassen kann und der mir das Leben noch schwerer macht?" Auch Tognum-CIO Heizmann "vermisst die strategische Rückendeckung durch SAP", etwa in Fragen der Architektur, wie sie vor Jahrzehnten von IBMIBM geleistet worden war. In strategischen Projekten, so Heizmann, "holen wir zunehmend SAP-Partner mit ins Boot, die häufig viel kompetenter sind als die SAP selbst." Alles zu IBM auf CIO.de

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