Von Null-Watt-PC bis "SPECpower_ssj2008"

Zwischen Benchmarks und Budgets

Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Um Vergleichbarkeit im Server-Bereich zu schaffen und den Umweltschutzorganisationen mit ihren diversen Green-IT-Zertifikaten die Deutungshoheit streitig zu machen, haben sich die einschlägigen Hersteller eines Spielfelds besonnen, auf dem sie schon seit geraumer Zeit ihre Kräfte messen: die Standard Performance Evaluation Corporation, kurz SPEC. Ende 2007 wurde der Benchmark SPECpower_ssj2008 vorgestellt, der zum Ziel hat, die Leistung eines Servers pro Watt zu bestimmen. "Dass man den Kunden einen zusätzlichen Maßstab an die Hand geben wollte, ist sicherlich der damaligen Hype-Welle geschuldet", schätzt Michels.

Keine gebratenen Tauben

Manipulationen sind hier traditionell an der Tagesordnung, aber sie werden als Kavaliersdelikt behandelt: „Eine kleine Schar von eingeweihten Experten spielt ein Spiel unter Geschäftsleuten, und jeder nutzt seine Fähigkeiten sowie Lücken im Reglement aus, bis diese geschlossen werden“, so Michels. Immerhin sind alle wichtigen Server-Hersteller dabei, und sie wachen mit Argusaugen darüber, dass die Konkurrenz die Regeln der SPEC nicht überstrapaziert.

Insofern kann man den SPECpower bei aller Kritik – auch wegen der geringen Zahl gemessener Geräte und der schwierigen Übertragbarkeit auf das Alltagsgeschäft – als ersten Schritt zu einem grünen Zertifikat bezeichnen, das vergleichbare Informationen über die Energieeffizienz im Server-Bereich bereitstellt. Michels hält den Benchmark grundsätzlich für tauglich, allerdings müssten sich die Kunden auch damit beschäftigen und nicht erwarten, dass ihnen die gebratenen Tauben in den Mund fliegen. Unbedingt nötig ist diese Metrik aber nicht, wenn professionelle Investitionsrechnungen erfolgen, die auch die Energie wie alle anderen Kosten ehrlich einbeziehen. „Ich würde mir wünschen, dass bei Ersatzbeschaffungen die Energie-effizienz als selbstverständliches Kriterium für die Entscheidung berücksichtigt wird“, sagt er.

Ende Juli plädierte Hans-Joachim Popp, CIO des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), an dieser Stelle dafür, den Druck auf die Hersteller zu erhöhen. Auch Michels sieht das als einzig gangbaren Weg: "Das Verhältnis Rechenleistung zu Energiekosten und allen anderen Aufwendungen sollte so stark unter Beobachtung stehen, dass Hersteller gezwungen sind, es ständig zu verbessern." Den Ehrgeiz dazu hätten die Ingenieure. Was derzeit fehlt, ist der Ehrgeiz der Kunden, das Mooresche Gesetz mit dem Faktor Energieeffizienz auf eine neue Ebene zu heben und endlich marktweite Metriken für Rechenleistung zu erzwingen.

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