Manager bis Mitte 40

Zwischen Work-Life-Balance und Schaffe, schaffe

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Einerseits wollen junge Manager bessere Familienväter sein, andererseits sind sie noch dem Nachkriegsmotto des "Schaffe, schaffe, Häusle baue" verhaftet. Peter Sticksel, Personalchef bei Haniel, hat sich die Generation X angesehen.

Das Attribut jung ist relativ. Das Equity-Unternehmen Haniel lässt es für Top-Manager Anfang/Mitte 40 gelten. Diese hat Haniel gemeinsam mit Kienbaum Executive Consultants in einer Studie nach ihren Wünschen und Zielen befragt. Die Ergebnisse zeichnen eine Generation, die den eigenen Ansprüchen noch nicht nachkommt. Peter Sticksel, Personalchef bei Haniel, sprach darüber mit cio.de

Peter Sticksel ist Personalleiter bei Haniel.
Peter Sticksel ist Personalleiter bei Haniel.
Foto: Haniel

Herr Sticksel, zunächst einmal zur Definition: die Vorstände, mit denen Sie gesprochen haben, gehören noch nicht zur Generation Y, oder? Welchem der typischen Schlagworte ordnen Sie Ihre Gesprächspartner zu?

Peter Sticksel: Wir reden hier über junge CXOs, die mehrheitlich aus der Generation X stammen. Ihr Durchschnittsalter liegt bei Anfang bis Mitte 40.

Sie beobachten, dass die jungen Top-Manager mehr Wert auf Familie und Work-Life-Balance legen als die Generation davor. Woran liegt das?

Peter Sticksel: An zwei gesellschaftlichen Veränderungen. Zum einen bekommen die Menschen ihre Kinder heute später als die Generationen zuvor. Dadurch verschieben sich die Lebensphasen nach hinten. Wer vor zwanzig Jahren Führungsverantwortung übernommen hat, dessen Kinder waren typischerweise schon auf dem Gymnasium, es waren jedenfalls keine kleinen Kinder mehr. Wer heute Vater wird, möchte von der Entwicklung seiner Kinder aber etwas mitbekommen und nicht nur ein Wochenend-Papa sein. Zum anderen: Heute sind die Frauen ja auch im Job und wollen sich etwas aufbauen. Früher haben Frauen wegen der Familie viel länger zurückgesteckt.

Sie beobachten den vielzitierten Wertewandel ganz konkret?

Peter Sticksel: Auf jeden Fall. Die Generation der Babyboomer, also der bis Mitte der 1960er-Jahre Geborenen, stand noch stärker für die Nachkriegs-Generation und ihr Motto "schaffe, schaffe, Häusle baue". Für die Generation YGeneration Y wiederum, also die jetzt noch sehr jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sind Familie, Freunde und Life-Balance Selbstverständlichkeiten. Insofern ist die Generation X eine Zwischengeneration, die diesen Change umsetzen muss. Alles zu Generation Y auf CIO.de

Was heißt das für die Unternehmen in Fragen wie Kommunikation oder Karrieremodelle?

Peter Sticksel: Ausgangspunkt muss sein, Arbeitsstrukturen und -kulturen zu überdenken. Noch gibt es wenig flexible Arbeitszeiten. Aber Möglichkeiten wie Home Office und Vertrauensarbeitszeiten kommen den Erwartungen jüngerer und junger Arbeitnehmer entgegen. Für Führungskräfte heißt das, dass sie eben nicht voraussetzen dürfen, jeden Mitarbeiter am Schreibtisch anzutreffen. Sondern beispielsweise zu Skypen. Unbenommen ist, dass es etwa in Unternehmen mit Kundenkontakt Präsenz geben muss.

Wie argumentiert jemand, der als relativ junger Vorstand diese Flexibilisierung der Arbeitswelt durchsetzen will?

Peter Sticksel: Am besten, indem er das innerhalb eigener Teilbereiche vorlebt. Und damit ein Beispiel gibt.

Trotz der neuen Werte und Wünsche: Wie Sie sagen, arbeiten die Vorstände ja nach wie vor 60 Stunden pro Woche und sind beruflich viel unterwegs. Also doch wieder das alte Hamsterrad?

Peter Sticksel: Die Vorstände, mit denen wir gesprochen haben, verstehen, dass eine solche Verantwortung nicht mit einer 40-Stunden-Woche zu machen ist. Für sie gilt "Work smart, not hard". Die Frage ist doch, wann werden diese 60 Stunden gearbeitet? Es muss ja keiner zwölf Stunden täglich im Büro bleiben. Man kann pünktlich nach Hause fahren, ein bis zwei Stunden Zeit mit der Familie verbringen und sich dann per mobiler IT nochmal zwei Stunden um die Arbeit kümmern.

Die Unternehmen müssen ihre Talente selbst entwickeln

Wie Sie beobachten, haben die heutigen jungen Top-Manager - im Gegensatz zur vorigen Generation - öfter das Unternehmen oder sogar die Branche gewechselt. Sie denken stärker gesamtunternehmerisch statt ressort- und fraktionsbezogen. Was heißt das für zukünftige Ausbildungswege? Kommen die Universitäten diesem Anspruch nach?

Peter Sticksel: Es ist eine positive Entwicklung, dass Führungskräfte ein breiteres Verständnis gewinnen. Das sage ich auch in meinen Vorlesungen: erst kommt das Verständnis für das Geschäftsmodell und die Funktionsweise eines Unternehmens, dann kommt das Fachliche. Ich sehe hier aber nicht die Universitäten in der Pflicht. Die machen schon einen guten Job. Die Unternehmen selbst müssen intern ihre Talente entwickeln und neue Karrierepfade anbieten. Das ist schon eine Aufgabe der Betriebe.

Was auch heißt, dass die Unternehmen in ihre Mitarbeiter investieren müssen.

Peter Sticksel: Ja, denn das ist es, wovon wir in Deutschland leben. Wir leben ja nicht von Bodenressourcen, sondern von unserem technischen Know-how und dem Wissen der Menschen. Natürlich muss man in Menschen investieren.

Peter Sticksel ist Personalleiter bei Haniel. Der Diplom-Kaufmann unterrichtet Strategisches Personalmanagement an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und wirkt am Master-Fernstudium Personalentwicklung der Technischen Universität Kaiserslautern mit.

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