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Beim US-Bilanzeid scheiden sich die Geister

20.08.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im Streit darüber, ob die verschärften US-Gesetzen gegen Bilanzbetrug (Sabanes-Oxley-Act) auch für ausländische Firmen mit Notierung an der New Yorker Börse gelten sollen, reagieren die betroffenen deutschen Konzerne überraschend uneinheitlich. Nicht alle der insgesamt 17 Unternehmen haben einen zusammen mit dem Bundesverband BDI entworfenen Brief an die US-Börsenaufsicht SEC (Computerwoche online berichtete) unterzeichnet.

In dem Schreiben weisen die Firmen - darunter auch die Deutsche Telekom und Infineon - darauf hin, dass die neuen US-Vorschriften in einigen Punkten mit europäischen und deutschen Standards nicht vereinbar seien. In anderen Punkten würden die Regeln zu einer unnötigen Duplizierung vergleichbarer Systeme führen. Die Unternehmen erinnerten gleichzeitig daran, dass die SEC bereits in ihrem ursprünglichen Gesetzentwurf auf Probleme bei der Anwendung bei ausländischen Gesellschaften hingewiesen hatte. Außerdem hätte die US-Börsenaufsicht bei der Annahme der endgültigen Gesetzesfassung ausdrücklich hervorgehoben, dass sie nicht die Absicht habe, US-Vorschriften ungeachtet der Souveränität anderer Länder und ihrer Gesetzgebungsorgane zu exportieren. So habe die SEC damals erklärt, das Recht der Herkunftsländer anzuerkennen, eigene

Standards der Unternehmensführung für ihre heimischen Gesellschaften festzulegen.

Dieser Argumentation wollten sich jedoch nicht allen in den USA börsennotierten deutschen Unternehmen anschließen. So hat laut Presseberichten der Halbleiterhersteller Epcos das Schreiben noch nicht unterzeichnet. Der Technologieriese Siemens prüft derzeit noch die Rechtslage und will erst im Anschluss daran eine Entscheidung fällen.

Rückendeckung erhalten die Unterzeichner des BDI-Aufrufs wiederum von Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin. Die SPD-Politikerin forderte den EU-Kommissar Frits Bolkestein auf, weiterhin gegen die US-amerikanischen Pläne vorzugehen. Es sei zwar löblich, dass die US-Börsenaufsicht nach den zahlreichen Bilanzskandalen versuche, das Vertrauen der Anleger mit schärferen Regularien gegen allzu kreative Buchführung. Sollten die Amerikaner jedoch die Gesetze auch auf ausländische Firmen ausweiten, drohte die Bundesjustizministerin, die Börsengesetze für ausländische Unternehmen, die in Europa notiert sind, zu prüfen und eventuell zu verschärfen.

Der Sabanes-Oxley-Act sieht unter anderem vor, dass die Vorstände ab sofort die Richtigkeit ihrer Bilanzen eidesstattlich beurkunden müssen und bei Betrug persönlich haftbar gemacht werden. Bei Verstößen drohen bis zu fünf Millionen Dollar Strafe sowie bis zu 20 Jahre Haft. (mb)