Facebook Irony

Facebook - nachhaltige Kundenbindung geht anders

14.01.2014
Von Bruno Teuber
Hinter dem Facebook-Hype steht das große Versprechen auf Kundennähe und -transparenz. Beides gibt es auf der Plattform, doch Kontakte sind nicht nachhaltig.

Das World Wide Web und das stete Vordringen der digitalen Welt in unseren Alltag hat auch das Verhältnis zwischen Unternehmen und Kunden nachhaltig verändert. Das "rund-um-die-Uhr"- und dank mobiler Devices überall verfügbare Internet hat den Kunden ein kaum mehr zu überhörende Stimme verschafft, mit der sie in Form von E-Mails, Posts, Tweets oder Blogeinträgen in kürzester Zeit Millionen andere erreichen können. Und die Kunden von heute haben durchaus viel zu sagen: Lob, Tadel, Begeisterung, Empfehlungen - all das ist in Sekundenschnelle mit anderen Nutzern geteilt und ebenso oft auch direkt an die Unternehmen adressiert. Diese Konversationen im Web zu ignorieren, kann sich heute kein Unternehmen mehr leisten.

Und tatsächlich haben zahlreiche Unternehmen die sich bietenden Möglichkeiten erkannt und die Chance wahrgenommen, über das Web mit ihren Kunden in den Dialog zu treten. In der überwiegenden Mehrzahl taten sie das in den vergangenen Jahren via FacebookFacebook. Allerdings belegt eine Umfrage der Insight Strategy Group aus dem Jahr 2012, dass diese Form der direkten Ansprache von 60 Prozent Facebook-Mitglieder nicht unbedingt erwünscht ist. Und Adweek fand schon 2011 heraus, dass 98 Prozent der "Fans" nach dem ersten Besuch nicht mehr auf die Facebook-Seite eines Unternehmens zurückkommen. (weitere Erhebungen zum Thema listet folgender Beitrag auf: Brands Struggle In Social Media) Alles zu Facebook auf CIO.de

Facebook ist also nicht die neue Kundenengagement-Wunderwaffe, für die es lange gehalten wurde. Vielmehr ist Facebook im Prinzip eine kommunikative Einbahnstraße, denn die Möglichkeit etwas zu "liken" (oder eben nicht) stellt keinen echten Dialog mit dem Kunden dar. Die Schnelllebigkeit des Dienstes hat zudem den Nachteil, dass wichtige Informationen rasch verloren gehen; längere Diskussionen sind kaum möglich. Je mehr gepostet wird, desto schneller "sickern" die Inhalte durch - und systematisch wiederauffindbar sind sie ebenfalls nicht, was vor allem bei Customer-Support-Themen sehr nachteilig ist.

Auch die visuellen Gestaltungsmöglichkeiten der Brands, die eigene Corporate Identity oder den Wunsch nach Abgrenzung von Wettbewerbern beispielsweise betreffend, sind auf diesem Kanal eng begrenzt. Und dazu ist der auf Facebook generierte Content noch nicht mal Eigentum der Unternehmen - was bedeutet, dass er komplett der Hoheit und Willkür von Herrn Zuckerberg unterliegt.

Die Community als Hoheitsgebiet zum Mitmachen

Es gilt also, sich nach Alternativen hinsichtlich der Web-Strategie umzusehen: Weg vom Geplauder in Zuckerbergs Gemischtwarenladen hin zu einem echten, gewinnbringenden Kundendialog auf der eigenen Webseite, zum Beispiel in der firmeneigenen, sogenannten branded Community. Kanäle wie Facebook oder TwitterTwitter werden dann hauptsächlich zur Akquise genutzt - als erste Anlaufstation für Neugierige oder Hilfesuchende. Die Musik aber spielt "zuhause". Alles zu Twitter auf CIO.de

Eine eigene Community kann bei Bedarf auch externe Socia-Media-Netze integrieren.
Eine eigene Community kann bei Bedarf auch externe Socia-Media-Netze integrieren.
Foto: Lithium

Wie Service-Hotlines oder eigene Web-Seiten heutzutage quasi zum Standard in der Kundenkommunikation gehören, wird immer häufiger ebenso selbstverständlich erwartet, dass Unternehmen ihren Kunden auch eine eigene Austausch-Plattform im Web anbieten. Nicht nur zum Dialog mit den Firmen und Brands, sondern auch untereinander. Denn wer sich für eine Marke begeistert, möchte das gerne mitteilen, ist durchaus bereit, dabei zu helfen, Produkte noch zu verbessern. Und wer ein Problem hat, sucht gerne Rat bei Gleichgesinnten, die die Schwierigkeit auch schon hatten und vielleicht schon längst gelöst haben.

Der Unterhalt einer Community erfordert natürlich ein bisschen mehr Aufwand als ein schneller Post bei Facebook, aber der Einsatz lohnt sich auf jeden Fall: Mit den richtigen Belohnungssystemen wie Incentives, Reputation oder Privilegien, die man durch häufiges, gehaltvolles Posten innerhalb der Community erringen kann (Gamification) können Benutzer zu begeisterten Markenbotschaftern oder unentgeltlichen und dabei hochprofessionellen Support-Leistenden werden.

Die Community-Web-Site des österreichischen Mobilfunk-Anbieters A1: Kunden helfen Kunden.
Die Community-Web-Site des österreichischen Mobilfunk-Anbieters A1: Kunden helfen Kunden.
Foto: A1 Telekom Austria AG

Eine Win-Win-Situation für User und Unternehmen gleichermaßen - und die Nutzer lassen sich tatsächlich darauf ein: So hat Logitech beispielsweise einen sogenannten "Superfan" in seiner digitalen Gefolgschaft, der es seit Mai 2006 allein auf bislang 46.675 Posts in der Community gebracht hat, was einem Durchschnitt von beinahe 25 Posts pro Tag entspricht - und nebenbei noch einen überaus positiven Effekt auf die Suchmaschinenoptimierung (SEO) hat.

A1, österreichische Tochtergesellschaft der Telekom Austria Group, ist von Konzept der Community ebenfalls überzeugt: So liegt die Crowd Ratio (Prozentsatz des von den Nutzern erzeugten Contents) bei 80 Prozent, und durch den Einsatz der Community-Mitglieder konnten die Kosten für die Entwicklung und die Beta-Tests neuer Produkte deutlich reduziert werden. Auch im Bereich Support sind die Einsparungen - rund 25 Prozent - beachtlich: So entfallen durch die Community bis zu 16.000 Telefonanrufe und E-Mails pro Monat.

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