Healthcare IT


Urteil zum Online-Handel

Druck auf klassische Apotheken steigt

12.07.2011
Von Hartmut  Wiehr
Kliniken dürfen Arznei auch aus mehr als 200 Kilometern Entfernung einkaufen. Das Urteil des OVG Münster begünstigt Versandapotheken und schreckt regionale auf.

Ein eher unscheinbares Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster hat das Potenzial, das Verhältnis von Krankenhäusern, Apotheken und Internet-Handel umzuwälzen. Die Münsteraner Richter haben entschieden, dass eine Versorgung von Krankenhäusern mit Medikamenten über eine Distanz von mehr als 200 Kilometern genehmigt werden soll.

Das Beratungsgespräch in der Apotheke vor Ort gehört zu den heiligen Kühen der Apothekerzunft. Die Internet-Apotheken sehen das anders.
Das Beratungsgespräch in der Apotheke vor Ort gehört zu den heiligen Kühen der Apothekerzunft. Die Internet-Apotheken sehen das anders.
Foto: ABDA

Damit wird womöglich eine Regelung aus den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gekippt, nach der in Deutschland der Apothekennachschub für die Krankenhäuser aus allergrößter Nähe organisiert werden muss. Das bedeutet, wie Klaus Tönne, Geschäftsführer des ADKA (Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker) im Gespräch mit CIO Healthcare-IT erläutert, dass bisher das Regionalprinzip gültig ist: Alles soll so rasch wie möglich geliefert werden. Laut Tönne wird dieses Prinzip so interpretiert, dass man von bis zu einer Stunde Lieferzeit ausgeht. Damit kommen nur Apotheken aus der direkten Umgebung des jeweiligen Krankenhauses zum Zuge.

Tönne führt näher aus: "Damals war der erklärte Wille des Gesetzgebers, die Belieferung durch Versandapotheken an Krankenhäuser quer durch die Republik zu unterbinden und durch eine ortsnahe, beratungsintensive Versorgung durch Apotheken zu ersetzen." Diese Reform des § 14 Apothekengesetz habe sich über die letzten Jahrzehnte bewährt: "Selbst der Versuch der Europäischen Kommission, dieses Prinzip aufzuheben, wurde vom Europäischen Gerichtshof in eindrucksvoller Weise abgelehnt. Umso mehr reibt man sich die Augen, wenn jetzt ein deutsches Oberverwaltungsgericht ansetzt, hier alten und überholten Rechtsnormen wieder zum Leben zu verhelfen."

Die im ADKA organisierten Apotheker stört es, dass nun der Radius der Lieferanten vergrößert wird und damit bestehende Geschäftsbeziehungen einschließlich gegebener Qualitätsstandards tangiert sind. Die "von der Politik gewollte orts- und zeitnahe Arzneimittelversorgung der Krankenhauspatienten" sei "akut gefährdet".

Zur Startseite