Moritz Freiherr Knigge im Interview

Wie kündigt man wertschätzend?

28.09.2017
Von Sven Ohnstedt

Uneinsichtige Chefs

Sind die Chefs eigentlich einsichtig? Wie bringen Sie ihnen denn wertschätzende Kommunikation bei?

Knigge: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jeder Mensch zur Einsicht fähig ist, wenn er eine wertschätzende Rückmeldung bekommt. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass die Höhe der Hierarchie einen gewaltigen Einfluss darauf hat, ob ich der Meinung bin, eine solche Rückmeldung zu benötigen. Wir arbeiten fast ausschließlich zusammen mit Führungskräften, aber das Top-Management macht sich eher rar. Meine Workshops seien super und ihre Leute bräuchten das Training, aber selbst machen sie nicht mit - was sehr schade ist! Derartiges Verhalten führt auch immer wieder zu Kritik durch die Belegschaft.

Wieso sollte Sie das Top-Management engagieren, aber dann selbst nicht mitmachen?

Knigge: In den meisten Unternehmen sind die Personalabteilungen für den Einkauf von Personalentwicklungsmaßnahmen zuständig. Zudem sind viele auf den höchsten Etagen der Überzeugung, es hätte schon einen guten Grund, wieso sie da sind, wo sie hierarchisch stehen.

Sie sagten gerade, es würde auch dem Top-Management gut tun, sich zu beteiligen. Geht es Ihnen um das Kollektiv oder um das Prinzip?

Knigge: Ich denke nicht, dass man das trennen sollte. Wenn ich der Überzeugung bin, dass die Art, wie Menschen miteinander umgehen einen Einfluss auf den betriebswirtschaftlichen Erfolg ausübt, dann ist das ein Prinzip. Gehe ich weiterhin davon aus, dass Selbst- und Fremdbild eine erhebliche Diskrepanz aufweisen, dann sollte jeder aus dem Kollektiv bereit sein, sich dem Bild anderer zu stellen. Das wäre dann ein kollektives Prinzip. Eine Haltung, der jeder sich stellen sollte, unabhängig von seiner hierarchischen Position.

Sie können eine positive Haltung aber nicht in einem Workshop beibringen.

Knigge: Nein, natürlich nicht. Beibringen kann ich es sowieso nicht. Ich kann Potenziale wecken, die ohnehin in fast allen Menschen stecken, aber möglicherweise unter dem Druck des Alltagsgeschäftes hinten anstehen müssen.

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