Irren sich öfter als andere

Die Denkfehler intelligenter Menschen

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Kluge Köpfe nehmen Beschränktheit anderer genau wahr. Eigene Irrtümer erkennen sie nicht. Eine Uni-Studie belegt, dass sie häufiger irren als andere Menschen.
Wenn 5 Maschinen in 5 Minuten 5 Komponenten herstellen: Wie lange dauert es dann, bis 100 Maschinen 100 Komponenten gefertigt haben?
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Foto: Trumpf

Kluge Menschen kommen sich manchmal dumm vor. Man mag zurückdenken an den weisen Philosophen Sokrates und sein Diktum: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Letztlich läuft diese Erkenntnis ja darauf hinaus, im Vergleich zu anderen immerhin über die eigenen geistigen Defizite Bescheid zu wissen und aus der resultierenden Demut heraus doch so richtig wie möglich zu denken. In Wirklichkeit funktioniert selbst das nicht so ohne weiteres, wie eine aktuelle Studie der Psychologen Richard F. West und Russell J. Meserve von der James Madison University sowie Keith E. Stanovich von der University of Toronto zeigt.

Das Ergebnis der Untersuchung ist in deutschen MedienMedien schon knackig auf den Punkt gebracht worden: Kluge Menschen irren sich häufiger als andere. Und das, weil sie ihrer eigenen Selbstüberschätzung erliegen. Das ist so in etwa richtig, aber doch arg zugespitzt. Unter die Lupe genommen haben die Forscher nämlich eine spezifische Art des Irrens: Denkfehler nämlich, die aus Voreingenommenheit resultieren, also beispielsweise Vorurteilen oder vorschneller Lösungsfindung. Top-Firmen der Branche Medien

Der schwer adäquat ins Deutsche zu übersetzende englische Begriff dafür ist „bias“. Ein damit verbundenes klassisches persönlichkeits- und sozialpsychologisches Problem ist der „bias blind spot“. Ein blinder Fleck also, der daraus resultiert, dass die aus Voreingenommenheit resultierenden Irrtümer bei anderen wahrgenommen werden, während man sich selbst davor für gefeit hält.

Problem: Der blinde Fleck

Dieser blinde Fleck nun war Hauptgegenstand der Studie, und hier ist der Befund sehr klar. Bisher wurde häufig unterstellt, dass es sich bei dieser Fehleinschätzung - abseits der gesellschaftlichen Ursachen – tendenziell um einen kognitiven Mangel handelt. Die Forscher stellten nun fest, dass Menschen mit erwiesenen hohen kognitiven Fähigkeiten genauso oft und sogar tendenziell öfter in die bekannten Irrtumsfallen tappen. Überdies helfen ihnen die Erkenntnisse von Fehlern der anderen in der Realität nicht, eigene Denkfehler zu vermeiden.

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