Wirtschaftskriminalität

Die Jäger der Wirtschaftsbosse

05.02.2013
Von Jürgen Berke, Harald Schumacher, Martin Seiwert und Melanie Bergermann

Vorteil für Schuldige durch Mangelverwaltung

Besonders schlimm ist das für zu Unrecht Verdächtigte. Er sei sich dessen bewusst, sagt Winter und versteht, wenn Verteidiger Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Staatsanwälte einreichen, weil Verfahren nicht in angemessener Zeit bearbeitet werden können. Ändern kann er an der Lage aber nichts. Und verrückt machen will er sich auch nicht: "Das darf nicht so weit gehen, dass einem die liegengebliebenen Verfahren wie kleine grüne Männchen nachts auf der Bettdecke herumtanzen." Vorteilhaft ist die Mangelverwaltung ausgerechnet für jene, die schuldig sind und später verurteilt werden. Denn "das Strafmaß", so Winter, "schmilzt wie Schnee in der Sonne, je länger ein Verfahren dauert". Ein Teil der Strafe gilt bei der Verurteilung dann bereits als vollstreckt.

Bei Kompetenz und Härte gibt es in den deutschen Staatsanwaltschaften eine breite Spanne. Verdächtige berichten schon mal, Ermittler hätten bei ihnen Computer beschlagnahmt und dann nach den Passwörtern gefragt, weil sie nicht in der Lage gewesen seien, sie zu knacken.

Zu den Stars der deutschen Ermittler-Szene gehört Manfred Nötzel, der in seiner Staatsanwaltschaft München I großkalibrige Fälle wie die Korruptionsaffären von Siemens und MAN juristisch aufarbeitete. Bochums Wirtschaftsstaatsanwaltschaft unter der Regie von Hans-Ulrich Krück hat seit den Ermittlungen gegen Zumwinkel den Ruf, ungnädig mit Wirtschaftspromis umzugehen. Aufsehen erregt auch die Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft Köln unter ihrem Leiter Hanns-Joachim Wolff mit dem Großverfahren um die Bank Sal. Oppenheim.

Es kommt aber auch vor, dass Staatsanwälte Ermittlungen aus politischen, karrieretechnischen oder anderen Erwägungen ausbremsen. So dürfen in Bonn Vertreter großer Konzerne auf schonenderen Umgang hoffen.

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